§ 616 BGB

Erstattung der Lohnkosten bei Quarantäne ?

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Erstattung für den Arbeitgeber bei Quarantäne des Arbeitnehmers?
Erstattung Lohn

Anspruch des Arbeitgebers auf Lohnerstattung

Es gibt viele Situationen, in dem ein Arbeitnehmer einer behördlichen Quarantäne wegen einer möglichen Corona-Infektion folgen muss. Die Problematik für den Arbeitgeber besteht darin, dass dieser in der Regel nach § 616 BGB verpflichtet ist den Lohn fortzuzahlen, obwohl der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung mehr erbringt.


Lohnfortzahlung nach § 616 BGB

Der Arbeitnehmer ist nämlich aufgrund der Quarantäneanordnung nicht in der Lage seine Arbeitsleistung zu erbringen und zwar aus persönlichen Gründen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber nach § 616 BGB den Arbeitslohn fortzahlen.


Die Vorschrift des § 616 BGB lautet:

§ 616 Vorübergehende Verhinderung

> Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.


Ausschluss der Lohnfortzahlung nach § 616 BGB

Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber die Anwendung des § 616 BGB im Arbeitsvertrag ausschließt. Dies ist zulässig, kommt aber eher selten vor. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer schlechte Karten, wenn es um die Lohnfortzahlung nach der obigen Norm wegen der behördlich angeordneten Quarantäne (Corona) geht. Es bleibt dann nur noch der Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz.


Fälle des § 616 BGB

In der Praxis kann eine persönliche Verhinderung des Arbeitnehmers oft vorkommen. Folgende Fälle sind u.a. denkbar:


Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetzes

Auch § 56 des Infektionsschutzgesetzes sieht eine Entschädigung des Arbeitnehmers vor, wenn dieser zum Beispiel aufgrund einer Quarantäne die Arbeitsleistung nicht erbringen kann und keinen Lohn erhält. Dem Arbeitnehmer muss ein Schaden durch den behördliche (gesetzliche) Quarantäneanordnung entstanden sein.


Verhältnis von § 56 IfSG und § 616 BGB

Das Verhältnis der beiden Vorschriften, also von § 616 BGB und § 56 Infektionsschutzgesetz ist auf den ersten Blick nicht ganz klar. Beide Normen geben zunächst dem Arbeitnehmer einen Entschädigungsanspruch.

Erstattungsanspruch des Arbeitgebers

Darüber hinaus hat der Arbeitgeber selbst einen Erstattungsanspruch, denn nach § 56 Abs. 5, Satz 3 des IfSG muss der Arbeitgeber die Entschädigung nach dem IfSG an den Arbeitnehmer auszahlen. Wenn er dies macht, dann hat er (Arbeitgebeber) nach § 56 Abs. 5 IfSG einen Erstattungsanspruch gegen die Behörde und bekommt sein Geld wieder. Dies muss der Arbeitgeber fristgemäß aber beantragen!


Zahlung des Arbeitgebers nach § 616 BGB und Erstattun nach IfSG?

Es stellt sich von daher die Frage, ob der Arbeitgeber einen Entschädigungsanspruch gegen die Behörde nach dem IfSG hat, wenn er dem Arbeitnehmer den Lohn nach § 616 BGB im Falle einer Quarantäne zahlt. Auf den ersten Blick würde man genau dies vermuten.


für den Arbeitgeber negative Entscheidung des OVG Lüneburg

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg sieht einen solchen Anspruch des Arbeitgebers jedenfalls nicht.


Dazu folgender Fall des Oberverwaltungsgerichts:

Der Arbeitgeber zahlte aufgrund einer Quarantäneanordnung von vier Tagen des Arbeitnehmer den Lohn gem. § 616 BGB für diesen Zeitraum aus. Ein Ausschluss des § 616 BGB im Arbeitsvertrag war nicht vorhanden.

Von der Infektionsschutzbehörde wollte der Arbeitgeber nun die entsprechenden Kosten in Höhe von 575,74 € nach § 656 Abs. 5 Satz 3 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen (Infektionsschutzgesetz) erstattet bekommen. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht wiesen die Klage des Arbeitgebers ab.


keine Erstattung bei Zahlung nach § 616 BGB

Das Oberverwaltungsgericht führte dazu aus, dass eine Zahlung nach § 616 BGB dazu führt, dass kein Schaden auf Seiten des Arbeitnehmers entstanden ist, da dieser ja seinen Lohn bekommen hat. Das Infektionsschutzgesetz – welches einen Schaden / Verdienstausfall beim Arbeitnehmer voraussetzt – sieht hier keinen Erstattungsanspruch des Arbeitgebers vor. Insbesondere sei die Vorschrift des § 616 BGB nicht subsidiär gegenüber der des IfSG.


Im Einzelnen für das OVG Lüneburg (Beschluss vom 02.07.2021, 13 LA 258/21) dazu aus:

Diese Tatbestandsvoraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt, da der Arbeitnehmer, für den die Klägerin die Erstattung begehrt, keinen Verdienstausfall hatte. Der Arbeitnehmer erleidet keinen Verdienstausfall, wenn der Arbeitgeber ohnehin, z.B. aufgrund zivilrechtlicher Vorschriften, zur Zahlung des Arbeitsentgelts verpflichtet ist, obwohl der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Ein solcher Anspruch ergibt sich vorliegend aus § 616 Satz 1 BGB, dessen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist, wie das Verwaltungsgericht zurecht angenommen hat, der Entgeltfortzahlungsanspruch aus § 616 BGB nicht subsidiär gegenüber dem Anspruch aus § 56 IfSG. Nach § 616 Satz 2 BGB geht der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Eine Subsidiarität des § 616 BGB, wie sie von der Klägerin behauptet wird, ergibt sich nicht aus § 56 IfSG. Vielmehr ist § 56 IfSG subsidiär, so dass weder ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG noch ein Erstattungsanspruch des Arbeitgebers besteht, wenn der Arbeitnehmer einen Vergütungsfortzahlungsanspruch aus § 616 BGB gegen den Arbeitgeber hat (vgl. MüKo, BGB, 8. Auf. 2020, § 616 Rn. 25). Neben dem eindeutigen Wortlaut spricht auch der Sinn und Zweck der Vorschrift für diese Auslegung. Denn § 56 IfSG soll vor materieller Not schützen, wo allgemeine Fortzahlungspflichten nicht greifen. Eine Entlastung des Arbeitgebers bezweckt die Norm hingegen nicht (vgl. Eckart/Winkelmüller (Hrsg.), BeckOK Infektionsschutzrecht, 5. Aufl. 2021, IfSG, § 56 Rn. 37 m.w.N.). Zuletzt wurde diese Auslegung durch den Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes bestätigt. Danach sei bei § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG wie bisher ein Verdienstausfall Voraussetzung für einen Anspruch auf Entschädigung, der etwa dann nicht eintritt, soweit eine Entgeltersatzleistung gewährt wird (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 3.3.2021, BT-Drs. 19/27291, S. 64 f.).


Anmerkung zum Beschluss

Hätte der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag die Anwendbarkeit des § 616 BGB ausgeschlossen, wäre die Rechtslage anders. Hier wäre dem Arbeitnehmer dann ein Verdienstausfall entstanden. Der Arbeitgeber hätte dann nach dem Infektionsschutzgesetz die Zahlung für den Behörde vorgenommen und hätte dann – abhängig auch von den weiteren Vorausetzungen/ Dauer des Ausfalls – einen Entschädigungsanspruch. Diesen hätte er geltend machen müssen.

Lohnen wird die Entschädigung für den Arbeitgeber – schon aufgrund des erheblichen Verwaltungsaufwandes – nur bei hohen Verdienstausfällen. Ansonsten ist der Aufwand -gerade bei einem einmaligen Fall – recht groß und der Arbeitgeber schlägt sich mit diversen Formularen rum mit nicht garantierten Erfolg.


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Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin

Muss der Arbeitgeber mich zur Stellensuche nach einer Kündigung freistellen?

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Freistellungsanspruch für Bewerbungsgespräch
Freistellung zur Arbeitssuche

Nach einer Kündigung – egal, ob betriebsbedingt oder aus anderen Gründen- hat der Arbeitnehmer oft das Problem, dass er sich einen neuen Job suchen muss und auf der anderen Seite aber noch bis zum Ende der Kündigungsfrist beim alten Arbeitgeber arbeiten muss.

§ 629 BGB – Anspruch auf Freistellung zur Arbeitssuche

Hier soll § 629 BGB helfen. Dort ist folgendes geregelt:

Nach der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses hat der Dienstberechtigte dem Verpflichteten auf Verlangen angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses zu gewähren.

angemessene Zeit zur Stellensuche

§ 629 gibt dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf angemessene Freizeit zur Stellensuche, damit er bereits unmittelbar nach Arbeitsvertragsbeendigung eine neue Stelle antreten kann.

Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht bevor

Der Anspruch setzt voraus, dass in einem dauernden Dienstverhältnis / Arbeitsverhältnis die Beendigung bevorsteht. Die obige Norm gilt auch für ein Ausbildungsverhältnis (§ 10 II BBiG). Das Arbeitsverhältnis muss für einen längeren Zeitraum vereinbart sein. Dies wird sogar beim unbefristeten Arbeitsverhältnis bereits bei einer Beendigung in der Probezeit angenommen.

Kündigung

Mit dem Zugang der Kündigungserklärung beim Arbeitnehmer entsteht bereits der Freistellungsanspruch unabhängig davon, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer die Kündigung erklärt. Von daher besteht der obigen Anspruch auch bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer! Auch bei einer Änderungskündigung kann der Anspruch bestehen, sofern der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht kurzfristig annimmt.

Verlangen der Freistellung durch Arbeitnehmer

Der Arbeitnehmer muss seine Freistellung zur Stellensuche vom Arbeitgeber verlangen. Seitens des Arbeitgebers bedarf es weder eines Hinweises noch eines Angebotes an den Arbeitnehmer. Wann der Arbeitnehmer sein Verlangen auf Freistellung erklärt, ist unerheblich. Der Arbeitgeber muss den Anspruch auf nicht immer sofort erfüllen; er muss sich betriebsorganisatorisch darauf einstellen können.

genaue Angaben zum Anspruch

Das Verlangen des Arbeitnehmers auf Freizeitgewährung muss Grund, Datum und voraussichtliche Dauer der Freistellung enthalten und rechtzeitig gestellt sein.

Zweck der Freistellung = Arbeitssuche

Der Zweck der Freistellung dient den erforderlichen Anstrengungen des Arbeitnehmers zur Erlangung einer neuen Beschäftigung. In erster Linie soll die Freistellung die Vorstellung des Arbeitnehmers bei einem neuen Arbeitgeber ermöglichen. Allerdings sind auch die Vorsprache bei Einrichtungen, die eine neue Beschäftigung vermitteln können, z.B. bei der Agentur für Arbeit oder gewerbliche Arbeitsvermittler davon erfasst.

angemessene Zeitspanne

Der Zeitpunkt und der Umfang der Freistellung des Arbeitnehmers entscheidet letztendlich der Arbeitgeber nach pflichtgemäßen Ermessen. Es kommt hier aber immer auf den Einzelfall an. Hat der Arbeitnehmer z.B. schon einen konkreten Vorstellungstermin muss der Arbeitgeber dies im Normalfall berücksichtigen und freistellen. Der Zeitraum der Freistellung umfasst z.B. auch die Anreisespanne zum Vorstellungstermin.

Lohnfortzahlung

Während der Freistellung besteht in der Regel ein Vergütungsanspruch gem. § 616 BGB. Danach ist das Entgelt des Arbeitnehmers während der Freistellung fortzuzahlen, wenn sie verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit in Anspruch nimmt.

Verweigerung der Freistellung durch den alten Arbeitgeber

Verweigert der alte Arbeitgeber unberechtigt die Freistellung, kann der Arbeitnehmer eine einstweilige Verfügung beantragen oder sein Zurückbehaltungsrecht, § 273, vor der beantragten Freistellung ausüben. Ein Recht auf „Selbstfreistellung“ gibt es nicht. Ein Schadensersatz nach § 280 I BGB gegen den Arbeitgeber ist möglich.

Rechtsanwalt Andreas Martin

Schulschließung aufgrund von Corona-Gefahr in Berlin – darf ich zu Hause bleiben?

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Schließung von Schulen und Kindertagesstätten in Berlin - zu Hause bleiben?
Corona-Schließungen

Am 13.3.2020 teilte Sandra Scheeres, Senatorin für Bildung, Jugend und Familie mit:

Schulschließungen

ab Montag, 16. März 2020 (bis 17.4.2020) -Schließung der Oberstufenzentren

ab Dienstag, den 17. März 2020 bis (bis 17.4.2020)
Schließung aller allgemeinbindenden Schulen

Notbetreuung in Schulen

Die allgemeinbildenden Schulen werden die Notbetreuung für Kinder in den Grundstufen 1 – 6 übernehmen, deren Eltern in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten.

Was systemrelevant ist, wird von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport definiert werden. Dazu werden sicherlich Arbeitnehmer aus Krankenhäusern, Behörden, Polizei etc. zählen.

Kita-Schließungen

ab Dienstag, den 17. März 2020 bis (bis 17.4.2020)
Schließung aller Kindertageseinrichtungen

Notbetreuung in Kindertagesstätten

Auch hier will – zur Aufrechterhaltung von systemrelevanten Infrastrukturen (u.a. Gesundheitswesen, öffentliche Sicherheit, Versorger) – die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie mit Unterstützung der Kita-Träger ein auf ein notwendiges Maß beschränktes Notversorgungssystem zur Kindertagesbetreuung aufrechterhalten.

rechtliche Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis

Die obigen Schließungen werden für viele Eltern dazu führen, dass ein Elternteil (sofern nicht alleinerziehend) zu Hause bleiben muss, um das Kind bzw. die Kinder zu betreuen. Nur für Arbeitnehmer aus systemrelevanten Berufen wird eine Notbetreuung der Kinder stattfinden.

Arbeitsleistung und Lohn

Aus arbeitsrechtlicher Sicht stellen sich hier zwei Fragen:

Erstens, darf der Arbeitnehmer zu Hause bleiben und zweitens, muss der Arbeitgeber dann den Lohn weiterzahlen.

Aussetzen der Arbeitsleistung


Grundsätzlich ist eine Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag seine Arbeitsleistung zu erbringen. Er schuldet die Arbeitsleistung, so wie dies im Arbeitsvertrag geregelt ist. Die Nichterbringung der Arbeitsleistung (Stichwort: unentschuldigtes Fehlen am Arbeitsplatz) berechtigt den Arbeitgeber sogar zur Abmahnung (ggs mit späterer Kündigung), da der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsvertrag nicht erbringt.

Leistungsverweigerungsrecht

Allerdings besteht bei den obigen Fällen die Besonderheit, dass der Arbeitnehmer nicht selbst verschuldet die Arbeitsleistung erbringen kann. Wenn der Arbeitnehmer sich intensiv um Betreuung der Kinder bemüht und diese trotzdem nicht kurzfristig organisieren kann, dann kann ihm ein Recht auf Leistungsverweigerung zustehen. Er braucht dann für kurze Zeit die Arbeitsleistung nicht zu erbringen. Dies ist aber nur für kurze Zeit begründet.

Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber

Noch strenger verhält es sich mit der Lohnzahlung. Die Problematik ist für den Arbeitgeber, dass er keine Gegenleistung, also keine Arbeitsleistung erhält und auf der anderen Seite den Lohn zahlen müsste. Von daher ist dies nur in absoluten Ausnahmefällen tatsächlich der Fall.

Einen solchen Ausnahmefall regelt – für eine kurze Zeit – § 616 BGB , nämlich die unverschuldete Verhinderung. Zu beachten ist aber, dass diese Regelung im Arbeitsvertrag manchmal ausgeschlossen ist.

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

einvernehmliche Lösung mit Arbeitgeber ist anzuraten

Die obigen Problematik kann daher nur im Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelöst werden (Abbau von Überstunden / Urlaub nehmen/ unbezahlte Freistellung).

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin

Muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für einen Gerichtstermin von der Arbeit freistellen?

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Muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für einen Gerichtstermin von der bezahlt Arbeit freistellen?

Es kommt fast bei jedem Arbeitnehmer vor, dass dieser als Zeuge oder als Partei (Anordnung des persönlichen Erscheinens) vom Gericht geladen wird. Wer vor Gericht nicht erscheint, riskiert die Verhängung von Ordnungsgeld oder sogar die Vorführung durch die Polizei (Zeuge).

Die Frage ist nun, ob der der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Arbeit freistellen muss?

Zu unterscheiden sind hier zwei Fragestellungen:

Zum einen, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freistellen muss und zum anderen, ob sogar der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Lohn zahlen muss für den Zeitraum der Wahrnehmung des Gerichtstermins.

Wahrnehmung von staatsbürgerlichen Pflichten und Freistellung

Im Bezug auf die Freistellung ist es grundsätzlich so, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Wahrnehmung von staatsbürgerlichen Pflichten freistellen muss. Dazu gehört auch die Zeugenaussage vor Gericht, da diese auch grundsätzlich erzwingbar ist. Weiter gehört auch – zu diesen staatsbürgerlichen Pflichten die Teilnahme an einen Gerichtstermin, sofern das persönliche Erscheinen des Arbeitnehmers angeordnet wurde.

Gerichtstermin- Freistellung durch den Arbeitgeber

Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer grundsätzlich freistellen und in der Regel hat der Arbeitnehmer auch nach § 616 BGB bei persönlicher Verhinderung einen Anspruch auf Zahlung des Arbeitslohnes.

Die Vorschrift lautet:

„Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.“

Ein Anspruch auf Freistellung besteht  unter anderen in folgenden Fällen:

  • Vorladungen zum Gericht (BAG, Urteil vom 4.9.1985- AP BMR in NZA 2002,105)
  • Geburt eines Kindes
  • Heirat
  • Umzug
  • Sterbefall
  • Musterung

Ein solcher Fall liegt auch vor, wenn der Arbeitnehmer einen Gerichtstermin als Zeuge oder als Partei wahrnehmen muss, wenn (Partei) sein persönliches Erscheinen vom Gericht angeordnet wurde (LAG Hamm Urteil vom 02.12.2009 – 5 Sa 710/09). Der Arbeitgeber muss also den Arbeitnehmer von der Arbeit freistellen, so dass dieser den Gerichtstermin wahrnehmen kann.

Die Freistellung hat gegen Zahlung des Entgelts (also bezahlt) zu erfolgen.

Achtung: Die obige Vorschrift ist abdingbar. Diese kann im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden.

Beim Verschulden des Arbeitnehmers (Gerichtstermin wegen einer Strafsache mit Verurteilung) kann ein Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts für den Zeitraum der Verhandlung entfallen.

Zusammenfassung

Ist der Arbeitnehmer zu einem Gerichtstermin geladen, muss der Arbeitgeber in der Regel diesen von der Arbeit freistellen. Dies gilt auch beim persönlichen Erscheinen vor Gericht als Partei.

Arbeitsrecht Berlin – Anwalt Martin

Darf der Arbeitnehmer bei schlechten Witterungsverhältnissen zu Hause bleiben?

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Darf der Arbeitnehmer bei schlechten Witterungsverhältnissen zu Hause bleiben?

Wer aufgrund eines Arbeitsvertrages als Arbeitnehmer tätig ist, muss die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag erfüllen. Eine Hauptpflicht für den Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag ist die Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung. Es gibt aber Situationen, in denen der Arbeitnehmer zum Arbeitgeber sogar verlangen kann, dass er von der Arbeit – sogar bezahlt – freigestellt wird.

Freistellung aus persönlichen Gründen

In § 616 BGB ist geregelt, dass der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen,freigestellt werden muss. Die Frage ist, ob dazu auch schlechte Witterungsverhältnisse, wie Glatteis, Schnee und Verkehrschaos gehören?

Gründe des § 616 BGB

Persönliche Gründe nach 616 BGB sind u.a.:

  • Heirat
  • Geburt eines Kindes
  • Umzug
  • Sterbefall in der Familie
  • unverschuldete Verkehrsunfälle
  • religiöse Feste
  • Hochzeit
  • persönliche Unglücksfälle (Einbruch, Brand)
  • Vorladungen zu Gerichtsterminen
  • Pflege naher Angehöriger bei unverhersehbaren Erkrankungen

Auch schlechte Witterungsverhältnisse, wie Glatteis und Schnee?

Es ist allgemein anerkannt, dass schlechte Witterungsverhältnisse kein Grund nach § 616 BGB sind. Ein mit der Person des Arbeitnehmers eng verbundener Grund ist eben das schlechte Wetter nicht, sondern ein Ereignis das außerhalb der Sphäre des Arbeitnehmers liegt. Dies gilt selbst auch dann, wenn der Arbeitnehmer durch einen Werksbus abgeholt wird und dieser aufgrund des schlechten Wetters nicht erscheint.

Vom Ergebnis her ist es allerdings so, dass der Arbeitnehmer auch bei schlechtem Wetter, Schneechaos, Glatteis, Demonstrationen, Smog-Fahrverbot etc. grundsätzlich seine Arbeitsleistung erbringen muss.

Beim Zuspätkommen wegen Glatteis und Schneefall muss der Arbeitgeber den Lohn nicht zahlen.

Anwalt Berlin – A. Martin

Zuspätkommen wegen Glatteis und Schneeverwehungen – muss der Arbeitgeber den Lohn trotzdem zahlen?

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Zuspätkommen wegen Glatteis und Schneeverwehungen – muss der Arbeitgeber den Lohn trotzdem zahlen?

Nach § 616 BGB ist der Arbeitgeber verpflichtet den Lohn fortzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer

  • durch einen in seiner Person liegenden Grund
  • ohne sein Verschulden
  • für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit

an der Dienstleistung verhindert war.

Zu solchen Verhinderungen gehören u.a.

  • notwendige Arztbesuch während der Arbeitszeit
  • Eheschließung
  • Erfüllung religiöser Pflichten
  • Niederkunft der Ehefrau
  • Pflege des erkrankten Kindes
  • Todesfälle naher Verwandter
  • schwere Erkrankungen naher Angehöriger

Die Arbeitsgerichte hatten sich mehrfach auch mit Fällen zu beschäftigen, bei denen es um die Verhinderung des Arbeitnehmers wegen Naturgewalten ging. In all diesen Fällen wurde bisher die Anwendung des § 616 BGB verneint mit der Folge, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitslohnes hat.

Diese Fälle waren bisher

  • allgemeine Straßenverkehrsstörungen (LAG Hamm 6.11.1979, 3 Sa 926/79 in DB 1980,311)
  • Ausfall öffentlicher Verkehrsmittel
  • Eisglätte und Schneeverwehungen (BAG 8.9.1982, 5 AZR 283/80 in NJW 1983, 1078)
  • Fahrverbote wegen Schneeverwehungen (BAG 8.9.1982, 5 AZR 283/80 in NJW 1983, 1078)
  • Fahrverbote wegen Smog
  • Naturereignisse, wie Hochwasser

Von daher hat der Arbeitnehmer bei der derzeitigen Witterungslage eher schlechte Karten.

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin – Anwalt im Arbeitsrecht