verhaltensbedingte Kündigung

Kündigung oder Abmahnung wegen Verspätung möglich?

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Kündigung oder Abmahnung wegen Verspätung möglich?
verspäteter Arbeitsantritt

Bei Verspätung des Arbeitnehmers drohen Abmahnung und Kündigung. So, oder so ähnlich dürfte dies den meisten Arbeitnehmern bekannt sein. Diese Aussage ist grundsätzlich auch richtig und ernst zunehmen.


Ist das Zuspätkommen eine Abmahngrund oder Kündigungsgrund?

Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich verpflichtet seine Arbeitsleistung zu der Uhrzeit zu beginnen und zu der Uhrzeit zu beenden, wie dies im Arbeitsvertrag geregelt ist. Findet sich im Arbeitsvertrag, was häufig der Fall ist, diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung, so kann der Arbeitgeber im Rahmen seiner Weisungsbefugnis den Beginn und das Ende der Arbeitszeit einseitig festlegen. Der Arbeitnehmer ist von daher verpflichtet pünktlich zum Arbeitsbeginn zu erscheinen. Der verspätete Arbeitsbeginn ist eine Pflichtverletzung, welche zur Abmahnung und manchmal sogar zur Kündigung führen kann.


Droht eine Kündigung ohne Abmahnung bei einer Verspätung?

Zunächst kommt es darauf an, ob die Verspätung verschuldet ist oder unverschuldet ist. In den meisten Fällen dürfte es sich um eine verschuldete Verspätung handeln. Weiter spielt eine erhebliche Rolle, ob der Arbeitnehmer bereits zuvor unpünktlich die Arbeit begonnen hat oder ob es sich um ein einmaligen Vorfall handelt. Auch die Dauer der Verspätung ist von Bedeutung. Liegt eine (verschuldete) Pflichtverletzung vor, ist eine Abmahnung oder sogar eine verhaltensbedingte Kündigung möglich.


Wann ist eine Verspätung nicht selbstverschuldet?

Konnte der Arbeitnehmer trotz umsichtiger Planung die Verspätung nicht verhindern ist diese unverschuldet. Von einer nicht selbstverschuldeten Verspätung kann man zum Beispiel in folgenden Fällen ausgehen:

  • unverschuldeter Verkehrsunfall auf Weg zur Arbeit
  • unvorhersehbarer Ausfall des öffentlichen Nachverkehrs
  • Erste-Hilfe-Leistung beim Unglücksfall
  • Notfall in Familie
  • medizinischer Notfall beim Arbeitnehmer

Darf der Arbeitgeber bei einem unverschuldeten Zuspätkommen abmahnen oder kündigen?

Nein, in der Regel nicht, da kein Verschulden des Arbeitnehmers vorliegt.


Ist eine Verspätung wegen eines Verkehrsstau´s verschuldet?

Ja, in der Regel schon. Der Arbeitnehmer muss mit einem Stau rechnen und sich darauf einstellen und entsprechend vorplanen. Wer auf den "letzten Drücker" zur Arbeit fährt und hofft, dass schon alles gut gehen wird, handelt bei einer Verspätung nicht unverschuldet.

Typische Fälle eine selbstverschuldeten Verspätung sind:

  • gewöhnlicher Stau
  • Verschlafen
  • Bus / Bahn verpasst

Kann man bei einer einmaligen Verspätung schon abgemahnt werden?

Bei einer Verspätung ist eine Abmahnung immer nur dann möglich, wenn es sich um ein verschuldetes Fehlverhalten des Arbeitnehmers handelt. Dabei kann auch schon bei der ersten (einmaligen) Verspätung abgemahnt werden. Allerdings ist auch eine Abmahnung wegen des verspäteten Arbeitsantritts ausgeschlossen, wenn nur eine minimale Verspätung vorliegt.

Beispiel: Arbeitnehmer kommt nach 20 Jahren Betriebsangehörigkeit ausnahmsweise 1 min zur spät zur Arbeit und entschuldigt sich beim Arbeitgeber dafür.


Darf der Arbeitgeber bereits beim ersten Zuspätkommen das Arbeitsverhältnis kündigen?

Der Arbeitgeber wird hier in der Regel zunächst abmahnen müssen. Bei der einmaligen Verspätung ist in der Regel eine außerordentliche bzw. ordentliche Kündigung nicht möglich. Allerdings gibt es auch Fälle, wo dies ausnahmsweise zur sofortigen Kündigung führen kann und zwar dann, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten eine beharrliche Arbeitsverweigerung zeigt.


Gibt es Entscheidungen von Arbeitsgerichten für eine Kündigung beim einer einmaligen Verspätung?

Ja, so hat zum Beispiel das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 31.8.2021 – 1 Sa 70 öD/21) entschieden, dass bei der Verspätung an drei von vier Arbeitstagen von einem hartnäckigen uneinsichtigen Fehlverhalten des Arbeitnehmers auszugehen ist, dass auch ohne vorherige Abmahnung eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers rechtfertigt.

In der Regel ist aber zunächst der Arbeitnehmer abzumahnen.


Was gilt beim häufigen verspäteten Arbeitsantritt?

Kommt der Arbeitnehmer häufiger zu spät, kann der Arbeitgeber den ersten Verstoß abmahnen und unter Umständen beim zweiten oder dritten Verstoß ordentlich aus verhaltensbedingten Gründen kündigen. Allerdings kommt es immer auf den Einzelfall an. So können sogar mehrere Abmahnungen vor einer Kündigung erforderlich sein, wenn das Zuspätkommen nur ein paar Minuten beträgt.


Droht eine Kündigung bei Unpünktlichkeit, wenn schon abgemahnt wurde?

Verspätet sich der Arbeitnehmer weiterhin, obwohl er-vor kurzer Zeit-wegen dieses Verhaltens abgemahnt wurde, ist eine ordentliche Kündigung grundsätzlich möglich. Wie bei jeder ordentlichen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen ist aber eine Interessenabwägung vorzunehmen. Dabei sind das Interesse des Arbeitgebers an einen geordneten Betriebsablauf mit dem Interessen des Arbeitnehmers an der Erhaltung des Arbeitsplatzes abzuwägen.


Es spielt aber eine Rolle:

  • wie oft der Arbeitnehmer zu spät gekommen ist,
  • wie oft eine Abmahnung ausgesprochen ist,
  • welche Auswirkungen die Verspätung auf dem Betriebsablauf gehabt hat und
  • wie lange der Arbeitnehmer bereits im Betrieb beschäftigt ist.

Kann der Arbeitgeber wegen der bereits abgemahnten Unpünktlichkeit nicht gleich fristlos kündigen?

Nein, in der Regel nicht.

Eine außerordentliche, fristlose Kündigung ist nur in Ausnahmefällen möglich.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 08.12.2016 – 2 Sa 188/16) hat dazu entschieden, dass eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen beharrlich verspäteter Arbeitsaufnahme unwirksam ist, auch wenn ein Arbeitnehmer häufig zu spät zur Arbeit erscheint und damit seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt. In der Regel kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nur durch eine ordentliche Kündigung lösen.

"Eine außerordentliche Kündigung aus diesem Grunde kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn die Unpünktlichkeit des Arbeitnehmers den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verletzung seiner Arbeitspflicht erreicht hat. Eine beharrliche Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag liegt insbesondere dann vor, wenn eine Pflichtverletzung trotz Abmahnung wiederholt begangen wird."


Wie kann sich der Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung bzw. gegen eine Kündigung wehren?

Mahnt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen der Verspätung ab, so kann dieser gegen die Abmahnung gerichtlich vorgehen und eine sogenannte Entfernungsklage erheben. In der Regel ist dies aber nicht die sinnvollste Variante. Oft ist es besser eine kurze Gegendarstellung abzugeben und bei einem möglichen Kündigungsschutzverfahren sich dann gegen die Abmahnung gerichtlich zu wehren und dessen Wirksamkeit zu bestreiten. Dies ist auch später noch möglich.


Bei der Kündigung besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit mittels Kündigungsschutzklage sich gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht zu wehren. Oft wird die Interessenabwägung bei einer ordentlichen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen nicht sorgfältig durch den Arbeitgeber vorgenommen. Kommt der langjährige beschäftigte Arbeitnehmer an zwei aufeinanderfolgenden Tagen wenige Minuten zu spät und ist er am ersten Tag abgemahnt worden, so wird man in der Regel hier noch nicht das Arbeitsverhältnis kündigen dürfen. Es ist oft gar nicht so einfach einzuschätzen-zumindest für den juristischen Laien-ob tatsächlich schon eine Kündigung hier möglich ist oder ob der Arbeitgeber nochmals hätte abmahnen müssen.


Kann der Arbeitgeber bei Verspätung den Lohn kürzen?

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur dann bezahlen, wenn dieser seine Arbeit auch tatsächlich antritt. Für die Minuten bzw. Stunden, die der Arbeitnehmer nicht arbeitet, muss der Arbeitgeber keinen Lohn zahlen.

Wichtig ist dabei zu wissen, dass die Arbeit wegen des Fixschuldcharakters auch nicht nachgeholt werden kann. In der Regel wird der Arbeitgeber hier-mit Recht-den Lohn kürzen. Es gilt der Grundsatz "ohne Arbeit kein Lohn".


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Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin

Wann muss das letzte Gehalt nach der Kündigung gezahlt werden?

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Wann muss das letzte Gehalt nach der Kündigung gezahlt werden?
Gehalt nach Kündigung

Wann ist der letzte Lohn nach einer Arbeitgeberkündigung zu zahlen?

Das letzte Gehalt nach der Kündigung durch den Arbeitgeber möchte der Arbeitnehmer möglichst schnell erhalten. Oft haben Arbeitnehmer nach einer ordentlichen oder außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Arbeitgebers die Befürchtung, dass der Arbeitgeber den letzten Lohn nach Kündigung nicht pünktlich zahlt oder gegebenenfalls sogar Kürzungen vornehmen.

Weiter stellt sich die Frage, wie sich der Umstand auswirkt, dass ein Arbeitsverhältnis-gerade bei einer außerordentlichen Kündigung-nicht zum Ende des Monats, sondern zum Beispiel mitten im Monat endet. Hat der Arbeitnehmer in dieser Situation sofort einen Anspruch auf Zahlung des Lohnes?

Auch wenn der Arbeitnehmer vorschriftsmäßig kündigt, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber den Lohn nach Kündigung sofort zahlen muss.

Was ist der Unterschied zwischen Lohn und Gehalt?

Der Unterschied zwischen Arbeitslohn und Gehalt ist leicht erklärt.

Das Gehalt des monatlich immer gleich und wird oft bei Angestellten im Büro gezahlt, was aber nicht verpflichtend in dieser Form ist. Auch andere Arbeitnehmer können natürlich eine monatlich gleich hohen Lohn, also ein Gehalt, erhalten.

Der Lohn ist monatlich unterschiedlich hoch und wird in der Regel nach einen Stundenlohn berechnet.

Achtung: Das Gehalt ist monatlich gleich und wird nicht nach Stunden abgerechnet.


Wann wird der Lohn bzw. das Gehalt fällig?

Die Fälligkeit des Lohnes ist in § 614 BGB geregelt. Dort ist die Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers normiert. Der Arbeitnehmer muss faktisch zunächst erst einmal einem Monat arbeiten und hat dann einen Lohnanspruch. Der Lohn wird fällig am ersten Tag des neuen Monats. Dies ist die gesetzliche Regelung zur Lohnzahlungspflicht. Davon darf aber durch Arbeitsvertrag und Tarifvertrag abgewichen werden. So finden sich in vielen Arbeitsverträgen andere Regelungen über die Fälligkeit der Arbeitsvergütung.

§ 614 Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) – Fälligkeit der Vergütung

Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.

Fälligkeit im Arbeitsvertrag

Wer wissen möchte, zu wann sein Lohn oder Gehalt fällig wird, sollte in den Arbeitsvertrag schauen. Allerdings sind Regelungen über die Fälligkeit des Arbeitslohnes in einem anwendbaren Tarifvertrag vorrangig. Wenn es keine tarifvertraglichen Regelungen über die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers gibt, dann findet man die Regelung über den fälligen Lohn im Arbeitsvertrag. Im Arbeitsvertrag finden sich Regelungen über die Lohnzahlungspflicht nebst Fälligkeit meist am Anfang des Vertrags. Es ist zulässig, dass dort die Fälligkeit zu einem späteren Zeitpunkt geregelt ist. Üblich sind in Arbeitsverträgen Vereinbarungen über monatliche Zahlungen mit schriftlicher Abrechnung und Zahlungen zum Monatsende beziehungsweise (Gehalt) bis zum 15. Kalendertag des folgenden Monats (Lohn).


Checkliste für die Fälligkeit

  1. Gibts es einen anwendbaren Tarifvertrag?
    1. Ja, dann gibt sich meist die Fälligkeit aus diesen TV (meist ist dies ein Manteltarifvertrag)
  2. Nein, dann schauen Sie bitte im Arbeitsvertrag
  3. Wenn es keine Regelung im Arbeitsvertrag gibt, dann ergibt sich die Fälligkeit aus dem Gesetz
  4. Laut Gesetz, wird der monatliche Lohn am 1. Tag des Folgemonats fällig

Lohn nach Arbeitgeberkündigung
Gehalt nach Kündigung des Arbeitgebers

typische Regelungen über die Fälligkeit im Arbeitsvertrag

Typisch sind Regelungen, wie:

Der Lohn wird fällig zum 10. Tag des Folgemonats.

Das Gehalt ist zahlbar zum 15. des Folgemonats.

Wo liegt die zeitliche Grenze eine Regelung im Arbeitsvertrag über die Fälligkeit des Lohnes?

Alles was später als zum 15. des Folgemonats im Arbeitsvertrag ist problematisch. Der Arbeitnehmer geht ja schon in Vorleistung. Eine unangemessene Regelung über die Lohnfälligkeit im Arbeitsvertrag führt dazu, dass dann die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung, nämlich die Fälligkeit der Vergütung zum 1. des Folgemonats gilt. Nach dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 9.10.2017, Az: 4 Sa 8/17) ist eine Fälligkeitsregelung im Arbeitsvertrag unwirksam, welche die Zahlung zum 20. des Folgemonats festschreibt.

Wann endet der Gehaltsanspruch bei einer Kündigung?

Der Gehaltsanspruch des Arbeitnehmers endet bei fristloser Kündigung mit Zugang dieser Kündigung und bei ordentlichen Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist. Ab diesem Zeitpunkt muss der Arbeitgeber keinen Lohn mehr zahlen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn sich der Arbeitnehmer gegen die Kündigung erfolgreich mittels Kündigungsschutzklage wehrt und das Verfahren vor dem Arbeitsgericht gewinnt. Dann muss der Arbeitgeber den sogenannten Annahmeverzugslohn, also das Gehalt auch über die Kündigungsfrist hinaus an den Arbeitnehmer, dann rückwirkend, zahlen.

Was ist mit dem Lohnanspruch bei Kündigung und Freistellung?

Gerade in größeren Betrieben ist es oft so, dass bei einer ordentlichen Kündigung, verhaltensbedingt, betriebsbedingt, oder personenbedingt, der Arbeitnehmer zugleich mit dem Erhalt der Zugang von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Eine Freistellung ist – wenn überhaupt – grundsätzlich nur entgeltlich möglich. Der Arbeitnehmer bekommt dann bis zum Ende der Kündigungsfrist das ausstehende Gehalt ohne dass er eine Arbeitsleistung erbringen muss. Eine Freistellung kann widerruflich oder unwiderruflich erfolgen. Der Arbeitnehmer sollte darauf bestehen, dass die Freistellung schriftlich erteilt wurde, damit er dieses später auch nachweisen kann.

Was umfasst die Vergütungspflicht nach einer Arbeitgeberkündigung?

Die Vergütungspflicht des Arbeitgebers umfasst grundsätzlich den vollen Lohn bzw. das ausstehende Gehalt nebst sämtlicher vereinbarten (arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher) Zuschläge, etwa für Nachtarbeit, Sonntagsarbeit, Überstunden oder Schichtzulagen. Bei fristloser Kündigung wird kein Lohn ab Zugang mehr ausgezahlt.

Verschiebt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Fälligkeit der Vergütung?

Es stellt sich die Frage, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und zwar vor Ende des Kalendermonats, ob sich dadurch auch die Fälligkeit des letzten Gehalts verschiebt und die Fälligkeit dann etwas früher eintritt, da das Arbeitsverhältnis ja nicht zum Monatsende beendet wurde, sondern zu einem früheren Zeitpunkt.

Beispiel: Der Arbeitgeber kündigt dem Arbeitnehmer zum 15.04.2021. Normalerweise wird der Lohn immer zum 5. des nächsten Monats gezahlt. Wann wird der letzte Lohn fällig?

Ergebnis: Wie immer zum 5. des Folgemonats.

Kündigung ändert nichts an Fälligkeit des letzten Gehalts

Viele Arbeitnehmer führen dafür an, dass ja der Arbeitgeber jetzt mehr Zeit hätte um das Arbeitsverhältnis abzurechnen und sie von daher auch schon eher einen Anspruch auf das ausstehende Gehalt hätten.

Ob es sich bei der Beendigung dabei um eine fristlose Kündigung handelt oder nicht, spielt keine Rolle. Allerdings wird der Arbeitgeber, wenn eine außerordentliche Kündigung vorliegt, also bei fristloser Kündigung, den Lohn nach Kündigung in der Regel nicht zahlen. Hier bleibt dem Arbeitnehmer nur die Erhebung der Kündigungsschutzklage und wenn dieser gewinnt, dass muss der Arbeitgeber auch das ausstehende, letzte Gehalt zahlen.


Beispiel: Der Arbeitgeber kündigt ordentlich das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer zum 15. Februar 2021. Wann wird der Lohn fällig, wenn es keine Regelung im Arbeitsvertrag dazu gibt?

letzte Gehalt ist wie normales Gehalt auszuzahlen

Zu beachten ist aber, dass das vorzeitige Ende des Arbeitsverhältnis keinen Einfluss auf den Fälligkeitszeitpunkt des Lohnes hat. Die Fälligkeit des Lohnes ist meist im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder im Gesetz geregelt (siehe oben) und wird genau zu diesem Zeitpunkt auch fällig, es sei denn es gibt eine andere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber.

Eine solche Vereinbarung kann sich zum Beispiel in einen Aufhebungsvertrag ergeben, in welchen geregelt ist, dass der Lohn eher zu zahlen. Eine gütliche Einigung über die Fälligkeit ist also immer möglich. Dies kommt aber in der Praxis selten vor.

Ansonsten wird der Lohn/ das Gehalt, wie immer fällig und der Arbeitgeber hat den Lohn pünktlich zu zahlen. Es spielt auch keine Rolle, wann der letzte Arbeitstag des Arbeitnehmers tatsächlich ist.

Lösung zum obigen Beispiel:

Im obigen Beispiel muss von daher der Arbeitnehmer bis zum 1. März 2021 auf seinen Lohn warten, auch wenn das Arbeitsverhältnis bereits viel eher (15.02.2021) geändert hat. Die Beendigung führt nicht dazu, dass der Lohn eher fällig wird.

Was ist mit den Überstunden nach Kündigung?

Für die Auszahlung der Überstunden gilt dasselbe, wie beim Arbeitslohn. Die Überstunden werden dann zur Auszahlung mit dem letzten Lohn fällig.

Was ist mit dem Arbeitszeugnis nach Kündigung?

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss der Arbeitgeber bei Beendigung – nach Anforderung des Arbeitnehmers – ausstellen. Ein Anspruch auf eine bestimmte Note, die besser als der Durchschnitt ist, hat der Arbeitnehmer nur dann, wenn er tatsächlich überdurchschnittlich gearbeitet hat und dies nachweisen kann.

Mindestlohn

Der Mindestlohnanspruch ist ein eigener Anspruch, der seine gesetzliche Grundlage im Mindestlohngesetz hat. Dieser kann nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch eine Rolle spielen, da Arbeitnehmer oft erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses diverse Ansprüche gegen den Arbeitgeber geltend machen. Dabei ist aber zubeachten, dass oft Ausschlussfristen vergangene Ansprüche verfallen lassen. Dies gilt aber nicht für Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz. Der Anspruch auf Mindestlohn kann nur den gerichtlichen Vergleich entfallen.


Zusammenfassung:

Auch das letzte Gehalt des Arbeitnehmers nach einer ordentlichen oder fristlosen Kündigung des Arbeitgebers wird nicht eher fällig. Der Arbeitnehmer muss auf dieses Gehalt genauso lange warten, die auf die vorherigen. Wann der Lohn genau auszuzahlen ist, ergibt sich in den meisten Fällen aus dem Arbeitsvertrag. Dort finden sich fast immer Regelungen über die Fälligkeit (meist zum 15. des Folgemonats). Jegliche Regelung, die eine Fälligkeit über den 15. des Folgemonats im Arbeitsvertrag hinaus enthalten, sind problematisch.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin

Wann ist eine Kündigung wegen Störung des Betriebsfriedens möglich?

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Wann ist eine Kündigung wegen Störung des Betriebsfriedens möglich?

Was ist der sogenannte Betriebsfrieden?

Der Betriebsfrieden ist ein Begriff aus dem deutschen Arbeitsrecht und zwar aus dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Der betriebliche Frieden ist eine unverzichtbare Voraussetzung für Erfolg und Bestand eines jeden Betriebes. Im Idealzustand ist dieser gekennzeichnet, durch ein störungsfreies Zusammenwirken und Zusammenleben aller im Betrieb tätigen Betriebsangehörigen einschließlich des Arbeitgebers. Es geht also um „gute Beziehungen“ und ein friedliches Zusammenwirken am Arbeitsplatz, geprägt von Respekt und Wertschätzung zwischen den in Betrieb tätigen Mitarbeitern als auch zwischen der Belegschaft und dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat, sofern vorhanden.


Was hat der Betriebsfrieden mit Abmahnungen und Kündigungen zu tun?

Der Begriff Betriebsfrieden oder Arbeitsfrieden wird oft im Zusammenhang mit Kündigungen oder Abmahnungen genannt, die der Arbeitgeber gegenüber Mitarbeitern aussprechen kann. Der Sinn solcher Sanktionen soll die Wiederherstellung des Betriebsfriedens oder die Beseitigung der Beeinträchtigung der betrieblichen Ordnung sein. Die Abmahnung ist dabei die mildere Maßnahme, während die Kündigung letztendlich die Entfernung eines Arbeitnehmers (Störers) zum Ziel hat und das letzte Mittel und auch das schärfste Mittel des Arbeitgebers ist.

Wo findet man Regelungen über den Betriebsfrieden im Gesetz?

Derartige Regelungen findet man vor allem im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

In welchen Normen ist im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) der Betriebsfrieden erwähnt?

In den §§ §§ 74 Abs. 2, 75 Abs. 1, 99 Abs. 2 Nr. 6, 104 BetrVG ist der betriebliche Frieden erwähnt. Das Gesetzt benutzt den Begriff „Betriebsfrieden“ und daraus wurde die Begrifflichkeit und deren Wertigkeit auch für das Kündigungsrecht abgeleitet.

Worum geht es bei der Wahrung des Betriebsfriedens im Betrieb?

Um den Frieden im Betrieb zu wahren, haben Arbeitgeber, Betriebsrat und Arbeitnehmer vor allem darauf zu achten, dass die Belegschaft nicht gegeneinander aufgebracht wird. Vor allem geht es darum zu verhindern, dass Beschäftigte nicht aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden (so § 7 Abs. 1 AGG).

Wann ist der betriebliche Frieden gestört?

Wann eine Störung des betrieblichen Arbeitsfriedens vorliegt, muss immer im Einzelfall festgestellt werden. Der Betriebsfrieden ist gestört, wenn aufgrund bestimmten Äußerungen oder Handlungen von Mitarbeiter es zu befürchten ist, eben kein störungsfreies Miteinander im Betrieb mehr möglich ist oder zumindest dies ernsthaft beeinträchtig wird.

Wie kann der Betriebsrat bei einer Störung hier handeln?

Das Betriebsverfassungsgesetz regelt dazu, dass bei ei­ner „wie­der­hol­ten, ernst­haf­ten Stö­rung des Be­triebs­frie­dens“ durch ei­nen Ar­beit­neh­mer der Betriebsrat nach § 104 Satz 2 BetrVG die Ent­las­sung des störenden Ar­beit­neh­mers vom Ar­beit­ge­ber for­dern kann.

Ist eine Abmahnung wegen Störung des betrieblichen Arbeitsfriedens möglich?

Die Abmahnung ist gegenüber der Kündigung immer die mildere Maßnahme. Wenn ein Arbeitnehmer die Betriebsfrieden stört, muss sich der Arbeitgeber zunächst fragen, ob er hier noch abmahnen kann. Dies wird in der Regel dann möglich sein, wenn der Arbeitnehmer sich einsichtig zeigt und das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht nachhaltig gestört ist, ebenso wenig wie das Vertrauensverlust der Mitarbeiter untereinander beziehungsweise zum störenden Mitarbeiter. Mahnt der Arbeitgeber ab, kann er wegen dieses Sachverhalts nicht mehr kündigen. In der Abmahnung wegen Störung des Betriebsfriedens muss der Arbeitgeber genau beschreiben, was der Arbeitnehmer falsch gemacht hat (Pflichtverletzung) und wie er sich richtig hätte verhalten müssen.

Wann kann der Arbeitgeber verhaltensbedingt kündigen?

Die konkrete Störung des Betriebsfriedens durch einen Arbeitnehmer kann grundsätzlich als Grund für eine ordentliche oder auch sogar eine außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber in Betracht kommen. Allein die Beeinträchtigung des Betriebsfriedens ist jedoch kein ausreichender Grund für eine Kündigung. Es muss immer eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegen, dies kann grundsätzlich auch eine erhebliche Verletzung von Nebenpflichten sein. Der Arbeitgeber muss nachweisen und auch entsprechend ermitteln, dass aufgrund dieser Pflichtverletzung es zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung bzw. Störung des betrieblichen Friedens gekommen ist.

hohe Anforderungen an eine fristlos Kündigung des Arbeitnehmers

Grundsätzlich sind an eine fristlose, außerordentliche Kündigung in der Regel hohe Anforderung zu stellen; selbst auch an eine ordentliche Kündigung. Es kommt also immer darauf an, welches Verhalten der Arbeitnehmer konkret getätigt hat. Bei der schwerwiegenden Pflichtverletzung bzw. einer Störung des Betriebsfriedens mit erheblichen-auch für den Arbeitnehmer erkennbaren-Folgen, ist eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber durchaus denkbar. Es kommt immer auf den Einzelfall ist. Man versteht dies besser, wenn man sich die entsprechenden Fallgruppen (nachfolgend) anschaut.

Was sind die Fallgruppen für eine mögliche Kündigung wegen Störung des betrieblichen Friedens?

Im Unterschieden zu Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers bei einer „normalen Kündigung“, liegt hier nicht nur eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor, sondern die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers hat auch Auswirkungen von den Betrieb bzw. teilen des Betriebs und der Belegschaft. Dies ist dann vor allem der Fall, wenn mit entsprechenden (negativen) Reaktionen von anderen Arbeitnehmern aus Folge der Arbeitspflichtverletzung des Mitarbeiters kommt oder mit solchen Folgen zu rechnen ist.

Folgende Fallgruppen können eine Kündigung wegen Störung des Betriebsfriedens rechtfertigen:

  • Tätlichkeiten gegen über einen anderen Mitarbeiter (BAG, Urteil vom 12.07.1984, 2 AZR 320/83)
  • sexuelle Belästigung einer Mitarbeiterin oder Leiharbeiterin (BAG, Urteil vom 9.1.1986, 2 ABR 24/85)
  • beharrliche (ungewollte) Nachstellung einer Kollegin (BAG, Urteil vom 19.4.2012, 2 AZR 258/11)
  • Beleidigung von Arbeitnehmer/ Chef (BAG, Urteil vom 19.11.2015, 2 AZR 217/15)
  • Bedrohung von Kollegen/ Arbeitgeber (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.3.2006, 13 Sa 1906/05)
  • ausländerfeindliche Äußerungen (BAG, Urteil vom 1.7.1999, 2 AZR 676/98)
  • Straftaten zu Lasten von Mitarbeitern
  • Herabwürdigung / Beleidigung des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 10.12.2009, 2 AZR 534/08)
  • unberechtigte Strafanzeige gegen Arbeitgeber (BAG, Urteil vom 15.12.2016, 2 AZR 42/16)
  • bewusste Verbreitung von unwahren Behauptungen (BAG 27.9.2012, 2 AZR 646/11)

Welche Möglichkeiten hat der Arbeitnehmer sich gegen eine solche Kündigung zu wehren?

Auch bei der Kündigung des Arbeitgebers wegen Störung des Betriebsfriedens des Arbeitnehmers hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit sich gegen eine solche Kündigung mittels Kündigungsschutzklage zu wehren. Er muss die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht einreichen. In Berlin ist hierfür das Arbeitsgericht Berlin zuständig. Wenn der Arbeitnehmer diese Frist versäumt, dann ist „alles vorbei“. Die Kündigung wird wirksam (Wirksamkeitsfiktion nach § 7 KSchG).

Was muss der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht nachweisen?

Der Arbeitgeber muss grundsätzlich den Kündigungsgrund, sofern das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, darlegen und notfalls beweisen. In der Kündigungserklärung muss der Grund nicht angegeben werden. Nicht selten wird auch bei der Kündigung von Seiten des Arbeitgebers angeführt, das die entsprechende Pflichtverletzung des Arbeitnehmers auch zu einer Störung des Betriebsfriedens geführt hat, um so die Kündigung besser rechtfertigen zu können. Dies ist oft unwahr.

Oft hat zum Beispiel eine bestimmte Pflichtverletzung oder Handlung des Arbeitnehmers keinerlei Auswirkung auf andere Arbeitnehmer und auch nicht auf den betrieblichen Arbeitsfrieden. Von daher wird dies auch nicht selten von Seiten des Arbeitgebers vorgeschoben. Eine solche Beeinträchtigung muss dann – im Bestreitensfall – der Arbeitgeber nachweisen.

Die Kündigung ist immer das letzte Mittel, welches dem Arbeitgeber als Sanktion zur Verfügung steht.

Kündigung – Rufe auf Mallorca „Ausländer raus“

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Im Juni 2017 breitete eine Gruppe junger Männer während des Auftritts einer Sängerin in einer Diskothek auf Mallorca eine schwarz-weiß-rote Flagge aus, die einer Reichskriegsflagge nachempfunden war. Es sollen dort Rufe „Ausländer raus!“ gefallen sein. Der Kläger / Arbeitnehmer war in dieser Disko. Ob er sich an den Ausrufen beteiligt hatte und ob er in der Gruppe agierte, war umstritten.

Die Arbeitgeberin/VW befragte den Kläger zum Vorfall und zu einer Mitgliedschaft bei den „Hammersteins“, nach dem eine Zeitung den Kläger interviewt hatte. Danach wurde er bezahlt von der Arbeit freigestellt.

Mit der Zustimmung des Betriebsrats sprach dann VW dem Kläger eine außerordentliche fristlose, hilfsweise eine fristgemäße Tat- und Verdachtskündigung aus verhaltens- und personenbedingten Gründen aus.

Der Kläger/Arbeitnehmer erhob daraufhin Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht und trug vor, er sei an dem Vorfall nicht beteiligt gewesen und habe sich nur abseits der Gruppe bewegt. Weiter meinte er, dass es für die Berechtigung einer Kündigung komme es nur auf sein Verhalten am Arbeitsplatz ankomme. Weiter stellte er einen Antrag auf Weiterbeschäftigung.

Die Beklagte/VW hat vorgetragen, der Kläger habe sich in der Öffentlichkeit mit rechtsradikalem und verfassungswidrigem Verhalten dargestellt. Die Personengruppe habe in der Diskothek auch die Worte „Ausländer raus!“ gerufen. Darüber hinaus hätten zahlreiche Medien über das Verhalten des Klägers und seine Zugehörigkeit zur rechtsradikalen Szene berichtet.

Weiter trug die Beklagten vor, dass der Kläger schon zuvor wegen seiner Gesinnung und seines Wirkens für die sog. Hammerskins im medialen Fokus gestanden und auch über den öffentlichen Bereich seines Facebook-Profils fremdenfeindliche Äußerungen geteilt habe. Da in ihrem Unternehmen Mitarbeiter aus 114 Nationen tätig seien, treffe sie eine besondere Verantwortung, gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit oder rassistischem Gedankengut vorzugehen.

Die Beklagte meint, dass der Kläger sowohl gegen die für alle Beschäftigten verbindlichen Verhaltensgrundsätze als auch gegen die Betriebsvereinbarung zum partnerschaftlichen Verhalten am Arbeitsplatz verstoßen habe.

Sie meinte weiter, dass ein Auflösungsantrag wenigstens gerechtfertigt sei, denn Mitarbeiter seien aufgrund der Gesinnung des Klägers nicht mehr bereit, mit diesem zusammenzuarbeiten.

Das Arbeitsgericht hatte sodann dem Arbeitnehmer Recht gegeben und den Kündigungsschutzantrag stattgegeben und den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Urteil vom 21. März 2019 – 13 Sa 371/18) hatte über die Berufung der Volkswagen AG zu entscheiden. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung und um Weiterbeschäftigung. Das LAG Niedersachsen gab dem Arbeitnehmer Recht und wies die Berufung von VW zurück.

Das LAG Braunschweig führte dazu aus:

Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die Kündigung ist unwirksam. Es handelt sich um ein außerdienstliches Verhalten, das keine Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt; die Beklagte ist kein öffentlicher Arbeitgeber und verfolgt auch keine politische Tendenz. Auch liegen keine hinreichenden Gründe vor, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Daher kann der Kläger auch seine Weiterbeschäftigung verlangen; sein Begehren blieb lediglich insoweit erfolglos, als er seine Beschäftigung zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort und in einem bestimmten Bereich verlangt hat. Dies zu bestimmen, unterliegt dem Direktionsrecht der Arbeitgeberin.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin Marzahn-Hellersdorf

„Der Arbeitgeber behandelt uns wie Sklaven“ – Kündigung unwirksam!

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Der Arbeitnehmer arbeitet beim Arbeitgeber (Paketzustellungsunternehmen) als Teamleiter. Der Arbeitgeber wirft dem Arbeitnehmer vor, dass dieser im September 2014 vor dem Betriebstor Flugblätter verteilt haben soll, in denen u.a. folgend Aussagen getätigt wurden:

„ Der Arbeitgeber behandelt uns wie Sklaven“
„Den Aushilfen werden ihre elementaren Rechte genommen …
„(der Arbeitgeber) kauft sich einen unternehmensfreundlichen Betriebsrat“

Der Arbeitgeber kündigte daraufhin; die erste Kündigung scheiterte aber an einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung. Danach kündigte der Arbeitgeber nochmals aus verhaltensbedingten Gründen.

Gegen die Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Er behauptete, dass er die Flugblätter nicht verteilt habe.

Ein Zeuge sagte aber später in der Beweisaufnahme aus, dass er vom Kläger/ Arbeitnehmer ein Flugblatt erhalten aber (aber nicht in der Öffentlichkeit oder am Betriebstor).

Das Arbeitsgericht Duisburg gab dem Arbeitnehmer Recht. Die hiergegen vom Arbeitgeber eingereichte Berufung zum LAG Düsseldorf (Urteil vom 16.11.2015 – 9 Sa 832/15) blieb ohne Erfolg.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf führte dazu aus, dass zwar eine Diffamierung und Beleieidung des Arbeitsgebers ausreichend für eine verhaltensbedingte Kündigung sein kann, hier aber der Arbeitnehmer das Flugblatt nicht in der Öffentlichkeit verteilt hatte, sondern einen Arbeitskollegen privat übergeben habe. Dies reiche nicht für eine verhaltensbedingte Kündigung aus.

Anmerkung:

In der Tat macht es einen Unterschied, ob der Arbeitnehmer am Werktor steht und derartige Flugblätter an Arbeitskollegen verteilt und damit zum Ausdurck bringt, dass er sich derartige Äußerungen zu eigen macht und zur Verbreitung dieser Aussagen beiträgt oder ob er „privat“ ein Flugblatt an einen Kollegen weiterreicht (Nach dem Motto: „Schau mal, was hier steht!“). Das Vorgehen mittels einer Verdachts- und Tatkündigung wäre hier wohl aus Sicht des Arbeitgebers sinnvoll gewesen. Vielleicht hätte der Sachverhalt für eine Verdachtskündigung ausgereicht.

Rechtsanwalt Andreas Martin

LAG Hessen: Kündigung wegen private Internetnutzung während der Arbeit (Computerspiele)

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Ein Arbeitnehmer spielte während seiner Pausen und auch während der Arbeitszeit im Büro das Online-Spiel „Farmerama“. Der Arbeitgeber konnte nur nachweisen, dass der Arbeitnehmer während systembedingter Arbeitspausen maximal 20 min dieses obige Spiel spielte. Da der Arbeitgeber auch nicht nachweisen konnte, dass der Arbeitnehmer deshalb schlechter arbeitete, war die verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses unwirksam.

Das Landesarbeitsgericht Hessen (Urteil vom 28.5.2015 – 12 Sa 404/15) hielt die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers für unwirksam und meinte, dass der Arbeitgeber hier zunächst hätte abmahnen müssen.

Rechtsanwalt Andreas Martin

Arbeitnehmerin will mehr Geld – Sitzstreik im Büro des Vorgesetzten – Kündigung

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Eine Arbeitnehmerin (hier Klägerin), die als Abteilungsleiterin für mehr als 300 Arbeitnehmer verantwortlich war, wollte mehr Geld haben. Dies sprach sie bei mehreren Gelegenheiten gegenüber ihrem Vorgesetzten/ Niederlassungsleiter an. Dieser lehnte dies ab.

Nachdem der Vorgesetzte die Forderung in einem Gespräch erneut zurückgewiesen und sodann die Klägerin zum Verlassen des Raumes aufgefordert hatte, erklärte diese, dass sie erst dann gehe, wenn ihre Forderung erfüllt werde.

Die Klägerin blieb fast 3 Stunden im Raum sitzen und „streikte“. Dabei ließ sie sich auch nicht durch einen Hinweis auf das Hausrecht, der Drohnung mit der Einschaltung der Polizei oder einer Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses beeindrucken. Auch eine Vermittlung durch ihren Ehemann und/ oder dem Betriebsrat lehnte diese ab.

Der Arbeitgeber holte dann doch die Polizei und die Klägerin verließ dann unter Polizeibegleitung den Raum.

Und damit nicht genung, es kam noch schlimmer ….

Am nächsten Tag versandte dann die Klägerin eine E-Mail an zahlreiche Empfänger, in der sie auf ihre eigene Verhaltensweise nicht einging und stattdessen das Verhalten des Niederlassungsleiters mit dem Hinweis kommentierte: „Wer solche Vorgesetzte hat, benötigt keine Feinde mehr“.

Der Arbeitgeber kündigte daraufhin außerordentlich und fristlos das Arbeitsverhältnis, hilfsweise ordentlich.

Gegen diese Kündigungen wehrte sich die Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.

In zweiter Instanz urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG Schleswig-Holstein 6.5.2015, 3 Sa 354/14) gegen die Arbeitnehmerin. Die außerordentliche Kündigung sei zwar aufgrund der langen beanstandungsfreien Betriebszugehörigkeit (22 Jahre) unwirksam, aber die hilfsweise ordentliche ausgesprochene Kündigung würde hier greifen.

Die Klägerin habe hier als Vorgesetze eine Vorbildfunktion gehabt. Sie habe eine erhebliche Pfichtverletzung begangen und sich auch nicht durch die Drohung die Polizei zu rufen oder durch andere Maßnahmen von ihrem pflichtwidrigen Verhalten abringen lassen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Klägerin danach noch eine E-Mail an zahlreiche Empfänger übersandt hat und dabei sehr einseitig den Sachverhalt darstellte und die Schuld auf den Arbeitgeber schob. Eine Abmahnung war hier nicht ausreichend gewesen.

Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Arbeitnehmer schläft mehrere Stunden am Arbeitsplatz – Kündigung unwirksam

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Eine Servicemitarbeiterin der Bahn (Zugbegleiterin /Bordservice) fühlte sich schlecht und setzte sich – nach Absprache mit ihrer Vorgesetzen – in ein Abteil des Zuges. Sie bat darum, dass sie bei Bedarf gerufen werde. Sie wollte sich im Abteil ausruhen.

Tatsächlich schlief die Mitarbeiterin aber ein und -da sie niemand weckte – schlief die Frau die komplette, siebenstündige Fahrt durch.

Schon vorher war die Mitarbeiterin wegen Zuspätkommens (hatte verschlafen) 2 x abgemahnt worden.

Die Bahn kündigte aufgrund dieses Vorfalls das Arbeitsverhältnis mit der Mitarbeiterin aus verhaltensbedingten Gründen (verhaltensbedingte Kündigung). Dagegen wehrte sich die Arbeitnehmerin mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Köln und gewann das Kündigungsschutzverfahren.

Das Arbeitsgericht Köln (Arbeitsgericht Köln, Urteil v. 19. 11. 2014, 7 Ca 2114/14) führte aus, dass grundsätzlich der Arbeitnehmer bei Pflichtverletzungen abzumahnen ist. Die vorherigen Abmahnungen betreffen hier nicht den gleichen Pflichtverstoß. Die Kündigung ist unwirksam.

RA A. Martin

Bahnstreik – Verspätung auf Arbeit – Kündigung möglich?

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Obwohl der Bahnstreik am Montag (den 10.11.2014) beendet sein wird, sind die Auswirkungen des Streiks immer noch zu spüren. Viele Arbeitnehmer sind aufgrund der ausgefallenen Züge und Stau´s auf den Straßen zu spät zur Arbeit erschienen.

Verspätung des Arbeitnehmers aufgrund des Streiks und Kündigung

Bei vielen Arbeitnehmern ist das klassiche Beispiel für eine berechtigte Kündigung die Verspätung des Arbeitnehmers (der verspätete Arbeitsantritt). In der Praxis spielt aber die außerordentliche Kündigung wegen Verspätung kaum ein Rolle, da nur selten die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Allenfalls eine ordentliche Kündigung kann in Betracht kommen, aber auch hier ist in der Regel zuvor abzumahnen.

außerordentliche Kündigung wegen Verspätung des Arbeitnehmers

Um den Arbeitnehmer außerordentlich (verhaltensbedingt) kündigen zu können, müsste zunächst eine erhebliche Pflichtverletzung (§ 626 BGB) vorliegen. Es stellt sich schon die Frage, ob eine einmalige Verspätung eine solche Pflichtverletzung ist. Voraussetzung dafür wäre im übrigen auch,dass ein Verschulden des Arbeitnehmers vorliegt. Aber selbst, wenn reicht dies in der Regel als außerordentlicher Kündigungsgrund nicht aus.

außerordentliche Kündigung bei Zuspätkommen nur in absoluten Ausnahmefall möglich

Eine außerordentliche Kündigung wegen Verspätung des Arbeitnehmers kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn die Unpünktlichkeit des Arbeitnehmers oder die völlig unterlassene Arbeitsaufnahme seitens des Arbeitnehmers den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verweigerung der Arbeitspflicht erreicht haben (BAG Urteil vom 17.3.1988 – 2 AZR 576/87).

ordentliche Kündigung wegen Verspätung denkbar, aber mit vorheriger Abmahnung

Die wiederholte verspätete Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers rechtfertigt in der Regel nur eine ordentliche Kündigung.Wiederholtes unentschuldigtes Fehlen eines Arbeitnehmers ist an sich geeignet, eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Vor dem Ausspruch einer Kündigung ist aber in der Regel der Arbeitnehmer einschlägig abzumahnen. Gleiches gilt auch bei wiederholtem Zuspätkommen, wenn die einzelnen Verspätungen zwar eher gering sind, aber zu Betriebsablaufstörungen führen.

Fazit: Eine einmalige Verspätung des Arbeitnehmers wegen des Bahnstreiks rechtfertigt weder eine ordentliche, und schon gar nicht eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Allenfalls könnte man hier über eine Abmahnung nachdenken.

RA A. Martin

fristlose Kündigung ist auch während der Freistellungsphase in der Altersteilzeit möglich

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Ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst befand sich in Altersteilzeit und zwar in der Freistellungsphase. Er beantragte verschiedene nautische Befähigungszeugnisse unter Vorspiegelung falscher Tatsachen und nutzte dabei seine Stellung im öffentlichen Dienst hierzu aus. Die Staatsanwaltschaft ermittelte und und beantragte den Erlasse eines Strafbefehls. Der Arbeitnehmer wurde mit rechtskräftigen Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 65 Tagessätzen verurteilt. Als dies die Arbeitnehmerin erfuhr, sprach diese dem Arbeitnehmer die außerordentliche und fristlose, verhaltensbedingte Kündigung aus. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht verlor der Arbeitnehmer den Prozess.

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein PM 8/14 vom 27.5.2014) hielt die Kündigung für wirksam.

Die Kündigung des Arbeitnehmers ist trotz seiner altersteilzeitbedingten Freistellung von der Arbeit gerechtfertigt. Wegen der Schwere der Pflichtverletzungen bedurfte es hier auch keiner vorherigen Abmahnung. Gerade bei der Begehung von Straftaten muss man von einer schweren Pflichtverletzung ausgehen, die ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung berechtigt.

Der Kläger hat im erheblichen Maße seine Treuepflicht verletzt, indem er seine Stellung im öffentlichen Dienst ausnutze, um mehrere Straftaten zu begehen. Dass sich einzelne Taten während der Freistellungsphase des Arbeitnehmers ereigneten, ist unerheblich, da die gegenseitigen arbeitsvertraglichen Pflichten auch während der Freistellung weiterbestehen. Dem Kläger war auch bewusst, dass ein Arbeitgeber ein derartiges Verhalten nicht hinnehmen muss; der Arbeitgeber muss grundsätzlich nicht die Begehung von Straftaten hinnehmen.

RA A. Martin