Ausländer
Nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage-kann sich ein Ausländer auf Unkenntnis der Rechtslage (Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage ) berufen?
Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigt, so muss der Arbeitnehmer, sofern er sich gegen die Kündigungsschutzklage wehren will, innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung, Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Macht er dies nicht rechtzeitig, wird in der Regel die Kündigung wirksam (§ 7 KschG). Der Arbeitnehmer kann allenfalls noch einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage bei Versäumung der Dreiwochenfrist beim Arbeitsrecht stellen, hierzu muss aber nachweisen, dass er unverschuldet die Frist versäumt hat. Dies ist nur in ganz wenigen Fällen erfolgreich.
Klagefrist häufig im Ausland unbekannt
In Deutschland arbeiten mittlerweile immer mehr Ausländer, insbesondere aus den ehemaligen Ostblockstaaten (z.B. Polen), die der deutsche Sprache im geringen Umfang mächtig sind. Zum Beispiel in Polen gibt es keine 3 -Wochen -Klagefrist, wenn sich der Arbeitnehmer gegen eine unwirksame Kündigung wehren möchte. Der ausländische Arbeitnehmer wird also im Normalfall-mangels Unkenntnis von der Rechtslage in Deutschland-die Klagefrist nicht kennen.
nachträglicher Zulassungsgrund bei Kündigung gegenüber Ausländer automatisch
Man könnte nur noch den Standpunkt stehen und meinen, dass man im Ausländer, der die Rechtslage in Deutschland ja nicht kennt, nicht vorwerfen kann, wenn er die Frist zur Klageerhebung versäumt. Von daher könnte man einen Grund für eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage per se beim rechtsunkundigen Ausländer annehmen. Dies ist aber nicht der Fall. Der Ausländer hat sich grundsätzlich über die hiesige Rechtslage zu informieren. Wenn er nicht über entsprechende Kenntnisse verfügt, dann hat er sich nach dem Zugang der Kündigung beider zuverlässigen Stelle (zum Beispiel beim Rechtsanwalt) über die Rechtslage zu informieren.
Zulassungsgrund – bei Unmöglichkeit der Einholung von rechtzeitigen Rechtsrat
Eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage bei versäumter Klagefrist kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Ausländer die Rechtslage nicht kennt und auch nicht die Möglichkeit hatte sich innerhalb der Frist – also kurz nach der Kündigung – einen entsprechenden Rechtsrat von zuverlässiger Stelle einzuholen.
Im übrigen ist der Arbeitgeber auch nicht verpflichtet den ausländischen Arbeitnehmer auf die Klagefrist hinzuweisen.
RA A. Martin
BAG: Erteilung einer Falschauskunft – Indiz für Diskriminierung
Die Verfahren vor den Arbeitsgerichten wegen Diskriminierung – vor allem von Bewerbern – nehmen immer mehr zu. Der Arbeitgeber kann hier schon in der Stellenanzeige und dann auch später im Bewerbungsgespräch viel falsch machen und setzt sich dann später Entschädigungsklagen nach dem AGG (Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz) der abgelehnten Bewerber aus. Das Bundesarbeitsgericht beschäftigt sich immer häufiger mit derartigen Fällen (siehe diesbezüglich die letzte Entscheidung des BAG vom 21. Juni 2012 zur Frist für die Geltendmachung des Anspruches auf Entschädigung wegen Diskriminierung).
Entscheidung des BAG
Der abgelehnte Bewerber muss die Diskriminierung innerhalb bestehender Ausschlussfristen geltend machen und darüber hinaus auch nachweisen, dass er nach dem AGG diskriminiert wurde, was in der Praxis schwierig ist, da der Bewerber meist wenig über die anderen Bewerbungsgespräche weis und meist auch wenig über die dann später eingestellte Person. Selbst wenn die Diskriminierung offen im Bewerbungsgespräch durch Äußerungen des Arbeitgebers erfolgt, ist der Arbeitnehmer hier im Bestreitensfall beweislastpflichtig und kann häufig diesen Beweis nicht erbringen.
falsche Angaben des Arbeitgebers über die Einstellung
Der Arbeitgeber muss den abgelehnten Bewerber keine Auskunft über die Gründe der Ablehnung oder über die Gründe für die Einstellung einer anderen Person erteilen. Das BAG (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Juni 2012 – 8 AZR 364/11 -) urteilte nun, dass der Arbeitgeber aber, wenn er Angaben zu seiner Maßnahme macht, diese Angaben wahr sein müssen, ansonsten liegt ein Indiz für eine Diskriminierung vor.
Das BAG führt hier – in seiner Pressemitteilung – aus:
Begründet ein Arbeitgeber seine Maßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer, so muss diese Auskunft zutreffen. Ist sie dagegen nachweislich falsch oder steht sie im Widerspruch zum Verhalten des Arbeitgebers, so kann dies ein Indiz für eine Diskriminierung bedeuten.
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Anders als das Arbeitsgericht hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung iHv. 2.500,00 Euro und von Schadensersatz verurteilt. Die Revision der Beklagten und die hilfsweise eingelegte Anschlussrevision der Klägerin hatten vor dem Achten Senat Erfolg. Eine Verurteilung der Beklagten kann nicht auf die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung gestützt werden. Das Landesarbeitsgericht wird aber aufzuklären haben, ob die von der Beklagten erteilten Auskünfte über die Gründe der Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses Indizwirkung für eine Diskriminierung der Klägerin haben, weil diese Auskünfte möglicherweise falsch waren oder im Widerspruch zu dem sonstigen Verhalten der Beklagten standen. Das Landesarbeitsgericht wird dabei zu prüfen haben, ob das erteilte Zeugnis falsch war oder die Begründung, eine Entfristung sei wegen der Leistungsmängel der Klägerin nicht möglich gewesen. Auch wird dem Vortrag der Klägerin nachzugehen sein, zuvor sei eine andere, ebenfalls nicht zutreffende Auskunft erteilt worden. Die Klägerin soll zunächst auf einen Wegfall ihres Arbeitsplatzes wegen einer bevorstehenden Fusion hingewiesen worden sein.
Anwalt Martin
LAG Rheinland-Pfalz: Wer als ausländischer Arbeitnehmer – ohne Deutschkenntnisse- deutschen Arbeitsvertrag unterschreibt – ist daran gebunden
Immer mehr ausländische Arbeitnehmer arbeiten in Deutschland, vor allem aus Osteuropa. Viele dieser Arbeitnehmer sprechen nur unzureichend Deutsch und kennen das deutsche Arbeitsrecht nicht. In meiner Kanzlei in Stettin (Polen) beschweren sich immer wieder polnische Arbeitnehmer über das deutsche Arbeitsrecht (in Polen kann man z.B. nicht während einer Krankheit des Arbeitnehmers ordentlich kündigen) und auffällig ist auch, dass z.B. polnischen Arbeitnehmern deutsche Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen – aber auch die tariflichen Regelungen (z.B. BRTV-Bau) völlig unbekannt sind. Man unterschreibt einfach den Arbeitsvertrag und versteht diesen nicht; am wichtigsten ist zunächst, wie viel Geld der Arbeitgeber zahlen wird.
LAG Rheinland-Pfalz: ausländischer Arbeitnehmer und Unterschrift unter deutschen Arbeitsvertrag
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ( Urteil vom 2.2.2012, SA 569/11) hat nun entschieden, dass eine ausländischer Arbeitnehmer, der kein Deutsch kann und nach Vertragsverhandlungen in seiner Muttersprache, dann einen deutschen Arbeitsvertrag unterschreibt ohne diesen zu verstehen; auch an diesen Vertrag gebunden ist, insbesondere auch an arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln.
Vergleich mit Arbeitnehmer, der den Arbeitsvertrag ohne diesen zu lesen, unterschreibt
Begründet wurde das Ergebnis damit, dass der Fall vergleichbar ist mit Arbeitnehmern, die ohne zu lesen den Arbeitsvertrag unterzeichnen. Dies ist nachvollziehbar. Wer weiß, dass er eine rechtserhebliche Erklärung abgibt; kann sich später nicht darauf berufen, dass er deren Inhalt nicht verstanden hat; er hätte sich informieren müssen, bevor er handelte.
A. Martin – Anwalt
Muss man bei der Einstellung von Ausländern den Arbeitsvertrag in die ausländische Sprache übersetzen lassen?
Muss man bei der Einstellung von Ausländern den Arbeitsvertrag in die ausländische Sprache übersetzen lassen?
Man hört ja ständig in den Medien, dass der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern Fürsorgepflichten und gegenüber Bewerbern Aufklärungspflichten hat und vorsichtig sein muss, da schnell angenommen wird, dass er bestimmte Arbeitnehmergruppen diskriminiere. Wenn der Arbeitgeber nun Ausländer einstellen will, stellt sich die Frage, ob er dann auch den Arbeitsvertrag übersetzen lassen muss.
Aufklärungspflichten / Sprachprobleme bei Ausländern
Zunächst ist es so, dass der Arbeitgeber gegenüber sprachunkundigen Bewerbern/Arbeitnehmern besondere Aufklärungspflichten haben kann. Der Arbeitnehmer soll die wesentlichen Punkte im Arbeitsvertrag verstehen. Rein rechtlich gehen diese Aufklärungspflichten aber nicht soweit, dass der Gesetzgeber vorgeschrieben hätte, dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag auch übersetzen lassen muss. Dies ist auch nach der jetzigen Rechtsprechung nicht in der Regel erforderlich. Es gibt eben keine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, dass er den Arbeitsvertrag in der Muttersprache des Bewerbers schließen muss.
Unterzeichnet der sprachunkundige Bewerber den Arbeitsvertrag, obwohl er – aus sprachlichen Gründen – die Regelungen nicht versteht, ist er in der Regel an diese Erklärung gebunden, wenn er nur weiß, dass er eben das Arbeitsverhältnis begründet hat. Es kann nicht dem Arbeitgeber angelastet werden, wenn der Arbeitnehmer/Bewerber – trotz Sprachproblemen – die Unterschrift hier leistet.
BAG – Bundesarbeitsgericht – Vorsicht bei Abmahnungen/Kündigungen
So völlig unproblematisch ist der Fall nun aber wieder nicht, denn das BAG hält für bestimmte Willenserklärungen – wie z.B. Abmahnungen, von denen der Arbeitnehmer Kenntnis haben muss – das Verstehen dieser Erklärungen als Wirksamkeitsvoraussetzung. Mahnt der Arbeitgeber einen offensichtlich sprachunkundigen Arbeitnehmer ab, kann die Abmahnung erst dann „ihre Kraft entfalten“, wenn sich der Arbeitnehmer mittels Übersetzung die Kenntnis vom Inhalt verschaffen konnte. Die Abmahnung wird dann also nicht sofort beim Zugang der Erklärung wirksam, sondern erst mit einer gewissen Zeitverschiebung, die der Arbeitnehmer in der Regel für die Übersetzung benötigt.
BAG – und Ausgleichsquittung bei Ausländern
Wie oben bereits ausgeführt, muss der Arbeitsvertrag nicht in der Sprache des Arbeitnehmers geschlossen werden. Anders beurteilt das Bundesarbeitsgericht aber die Situation, wenn vom Arbeitnehmer – der offenkundig der deutschen Sprache nicht mächtig ist – Erklärungen zur Unterzeichnung vorgelegt werden, die dieser nicht versteht und dann einfach unterzeichnet. Das BAG entschied, dass eine solche Erklärung unwirksam ist, da der Arbeitnehmer – für den Arbeitgeber ersichtlich – etwas unterzeichnet, was er gar nicht verstanden hat.
Arbeitsvertrag auf Deutsch ok – Ausgleichsquittung nicht?
Erstaunlich ist schon, dass der deutsche Arbeitsvertrag wirksam und nach dem BAG die Ausgleichsquittung unwirksam ist, allerdings besteht der Unterschied darin, dass der ausländische Arbeitnehmer bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages – auch, wenn er nicht alles versteht – weiß, dass er eben das Arbeitsverhältnis begründet. Bei anderen Erklärungen, die ihm der Arbeitgeber zur Unterzeichnung vorlegt, kann sich der ausländische Arbeitnehmer in der Regel nicht viel vorstellen. Darüber hinaus ist die Ausgleichsquittung häufig – so auch im Fall des BAG – für den Arbeitnehmer stark nachteilig. Der Arbeitgeber nutze faktisch gezielt die Sprachunkundigkeit des Arbeitnehmers aus, damit dieser eine stark nachteilige Erklärung unterzeichnete. Der Verzichtswille, der für eine Ausgleichsquittung erforderlich ist, ist beim Arbeitnehmer nicht vorhanden.