Verzug

Wann hat der Arbeitnehmer trotz Kündigung keinen Anspruch auf sog. Annahmeverzugslohn?

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Annameverzugslohn
Lohn nach Kündigung

 

Die klassische Situation bei Bestandschutzstreitigkeiten ist die, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigt und dieser sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage wehrt. Der Arbeitgeber ist sich sicher, dass das Arbeitsverhältnis rechtmäßig beendet wurde und beschäftigt den Arbeitnehmer nicht weiter. Häufig vergeht bis zu einer Entscheidung des Arbeitsgerichts in der Sache einige Zeit, machmal gibt es eine rechtskräftige Entscheidung erst nach mehreren Jahren in der 2. Instanz vor dem Landesarbeitsgericht oder vor dem BAG.

Lohnnachzahlung bei gewonnenen Kündigungsschutzprozess

Verliert der Arbeitgeber den Kündigungsschutzprozess muss er dem Arbeitnehmer den Lohn für den Zeitraum vom (vermeintlichen) Beendigungszeitpunkt (Zeitpunkt der Nichtbeschäftigung des AN) bis zum rechtskräftigen Urteil nachzahlen (Annahmeverzugslohn nach §§ 611, 615, 293 ff BGB). Der Arbeitslohn heißt dann Annahmeverzugslohn, da sich der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Verzug befindet, den der Arbeitgeber muss zunächst dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, was er nach dem vermeintlichen Beendigungszeitpunkt ja meistens nicht mehr macht. Dabei ist der vom Arbeitnehmer erzielte (oder böswillig nicht unterlassene)  Zwischenverdienst anzurechnen. Kurzum der Annahmeverzugslohn ist meist ein erhebliches Prozessrisiko des Arbeitgebers.

Minimierung des Annahmeverzugslohnrisikos des ArbG durch Angebot an AN der Prozessbeschäftigung

Dieses Risiko kann der Arbeitgeber z.B. durch eine sog. Prozessbeschäftigung minimieren, was aber in der Praxis selten vorkommt. Dies ist aber eine Option des Arbeitgebers. Hier müssen aber Fehler vermieden werden.

weitere Voraussetzung für den Annahmeverzugslohn – Leistungsfähigkeit und Leistungwilligkeit

In der Praxis wird meistens automatisch davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer (formal nicht ganz genau) für den Zeitraum der Nichtbeschäftigung einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn hat. Dabei wird oft übersehen, dass dies nicht immer der Fall ist.

Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Gemäß § 297 BGB kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers ist damit ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nicht leistungswillig und leistungsfähig ist (ErfK/Preis 3. Aufl. § 615 BGB Rn. 43), so– BAG – Urteil vom 24.9.2003 – 5 AZR 591-02.

Leistungsfähigkeit

Leistungsfähig ist der Arbeitnehmer, wenn er tatsächlich im Stande ist die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Daran fehl es z.B. , wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist.

Leistungswilligkeit

Die Leistungswilligkeit des Arbeitnehmer ist aber in der Praxis meist das größere Problem. Der Arbeitnehmer ist nicht leistungswillig, wenn ihm der ernste Wille fehlt die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

Daran fehlt es meist bei Vorlage folgender Fallgruppen:

  • zuvor wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen und dessen Unwirksamkeit erheblich später geltend gemacht
  • der Arbeitnehmer gibt an, dass das Arbeitsverhältnis völlig zerrüttet und ihm die Arbeit beim Arbeitgeber nicht mehr zumutbar sei
  • der Arbeitnehmer macht die Erbringung seiner Arbeitsleistung von der Rücknahme der Kündigung abhängig
  • der Arbeitnehmer nimmt das Angebot auf Prozessbeschäftigung des Arbeitgebers nicht an
  • der Arbeitnehmer schließt noch vor Ausspruch der Kündigung einen Arbeitsvertrag mit einen anderen Arbeitgeber ab

RA A. Martin

Nachzahlungsanspruch auf Arbeitslohn des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess

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Gewinnt der Arbeitnehmer den Kündigungsschutzprozess oder nimmt der Arbeitgeber die ausgesprochene Kündigung „zurück“ oder schließen die Parteien einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht und einigen sich auf einem Beendigungszeitpunkt, dann hat der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Nachzahlung der Vergütung, die vom Arbeitgeber bisher nicht gezahlt wurde. Juristen sprechen hier vom so genannten Annahmeverzugslohn.

Wie hoch ist der Lohnanspruch?

Für viele Arbeitnehmer stellt sich dann die Frage, in welcher Höhe der Arbeitgeber die Vergütung nachzuzahlen hat. Ist nur Grundlohn zu zahlen? Besteht ein Anspruch auf Zulagen? Muss sich der Arbeitnehmer einen Zwischenverdienst anrechnen lassen?

Grundlohn

Unstreitig muss der Arbeitgeber wenigstens den Grundlohn zahlen, der im Arbeitsvertrag vereinbart ist.

Lohnausfallprinzip

Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer aber grundsätzlich so zu behandeln, als hätte er ganz normal beim Arbeitgeber weitergearbeitet. In vielen Fällen entsteht dann nicht ein Anspruch auf Zahlung des Grundlohnes, sondern darüber hinaus auf weitere Zulagen/Überstunden.

Gesamte Bruttovergütung ist geschuldet

Der Arbeitgeber ist verpflichtet die gesamte Bruttovergütung, die der Arbeitnehmer voraussichtlich erzielt hätte zu zahlen.

Dazu zählen auch:

  • Tantiemen
  • Provisionen
  •  Gratifikationen
  •  Urlaubsgelder
  •  und auch Überstunden nebst Zuschläge

 

D.h., dass der Arbeitnehmer ermitteln sollte, welchen Verdienst er hypothetisch erzielt hätte, insbesondere auch unter Berücksichtigung von etwaigen Überstunden, die er wahrscheinlich hätte leisten müssen.

 Bei schwankender Vergütungshöhe ist die Vergütung zu schätzen.

 Was fällt nicht unter dem nach Zahlungsanspruch?

Alle Leistungen mit reinem Aufwendungscharakter, wie zum Beispiel 

  • Spesen
  •  Auslagen
  •  Fahrkostenzuschüsse
  •  Übernachtungs- und Abwesenheitsgelder

 

fallen nicht unter dem Nachtragsanspruch.

Was muss sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen?

 Der Arbeitnehmer muss sich jeglichen Zwischenverdienst und auch böswillig unterlassenen Zwischenverdienst anspruchsmindernd anrechnen lassen.

Zwischenverdienst / ALG I 

In der Praxis ist es häufig so, dass nur bei sehr langwierigen Kündigungsschutzverfahren der Arbeitnehmer tatsächlich Zwischenverdienst erzielt, also zum Beispiel bei den anderen Arbeitgeber arbeitet. Da die meisten Einigung im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht in der Güteverhandlung getroffen werden, und der Gütetermin meist nur wenige Wochen nach Klageeinreichung stattfindet, stellt sich in der Praxis das Problem des reinen Zwischenverdienstes nicht so oft.

Problematischer ist, dass viele Arbeitnehmer in der Zwischenzeit (also nach der Kündigung bis zum Ende des Kündigungsschutzverfahrens) Leistungen des Jobcenters erhalten war zum Beispiel Arbeitslosengeld I. Es ist nachvollziehbar, dass Arbeitnehmer nicht gleichzeitig den Lohn des Arbeitgebers in voller Höhe nachfordern kann und das Arbeitslosengeld I darüber hinaus behält. Grundsätzlich ist es dann so, dass der Anspruch auf Annahmeverzugslohn gegenüber den Arbeitgeber dann in Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes auf das Jobcenter übergeht und der Arbeitnehmer nur die Differenz vom Arbeitgeber erhält. Der Arbeitgeber zahlt dann also zum Teil an das Jobcenter und an den Arbeitnehmer.

A. Martin

Neues Arbeitsverhältnis im Kündigungsschutzverfahren- muss der alte Arbeitgeber trotzdem zahlen?

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Kündigt der Arbeitgeber, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage zu wehren und feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung beendet worden ist. Stellt das Arbeitsgericht dann-zu Gunsten des Arbeitnehmers-die Unwirksamkeit der Kündigung des Arbeitgebers fest, besteht das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fort.

Der Arbeitgeber muss – in der Regel – für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens (genau genommen nach Ablauf der Kündigungsfrist) dem Arbeitnehmer einen so genannten Annahmeverzugslohn zahlen. Dies ist der Lohn, der in der Regel dem Arbeitslohn, welcher zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart wurde, entspricht.

Annahmeverzugslohn und Kündigungsschutzklage

Durch die Kündigung bringt der Arbeitgeber zum Ausdruck, dass er dem Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz zu Verfügung stellt. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht noch einmal tatsächlich anbieten. Er muss noch nicht einmal ein wörtliches Angebot abgeben. Der Arbeitgeber ist derjenige, der hier zuerst handeln müsste, in dem er dem Arbeitnehmer wieder den Arbeitsplatz anbietet. Er kann den Arbeitnehmer auch – dies geschieht in der Praxis aber selten – eine sog. Prozessbeschäftigung anbieten (also befristet für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens).

Kündigungsschutzverfahren und neues Arbeitsverhältnis/ Arbeitsvertrag

Nun kann es aber sein, dass das Kündigungsschutzverfahren  sehr lange dauert. In manchen Fällen zieht sich ein solches Verfahren bis zum Bundesarbeitsgericht, und damit über mehrere Jahre hin. Die meisten Verfahren enden aber in der ersten Instanz – also vor dem Arbeitsgericht – durch einen Vergleich meist schon nach mehreren Wochen im sog. Gütetermin.

Endet der Rechtsstreit aber nicht durch Vergleich kann er sich – wie oben ausgeführt – über einen langen Zeitraum hinziehen. Der Arbeitnehmer und auch der Arbeitgeber wissen nicht, ob das Arbeitsverhältnis bestehen bleibt oder die Kündigung wirksam war.

Suche während des Arbeitsrechtsstreits nach neuen Arbeitsplatz

Keinesfalls ist es dem Arbeitnehmer untersagt während dieses Zeitraumes ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen. Ganz im Gegenteil, der Arbeitnehmer ist sogar verpflichtet sich nach einem neuen Arbeitsplatz umzusehen (siehe § 11 Abs. 1 Nr. 2 KSchG). § 12 des Kündigungsschutzgesetzes regelt sogar den Fall, dass der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist.

Der Arbeitnehmer kann sich dann, wenn das Kündigungsschutzverfahren abgeschlossen ist und er gewonnen hat, entscheiden, ob er das alte Arbeitsverhältnis fortsetzen möchte oder nicht. Die Entscheidung muss er innerhalb einer Woche treffen.

Anrechnung von Zwischenverdienst

Wichtig ist aber, dass sich der Arbeitnehmer den Zwischenverdienst, also den Verdienst im neuen Arbeitsverhältnis, auf seinen Annahmeverzugslohn anrechnen lassen muss § 11 Abs. 1 Nr. 1 KschG. Verdient der Arbeitnehmer also beim neuen Arbeitgeber mehr, hat er keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn.

Auch zu beachten, dass der Arbeitnehmer, der nach gewonnenem Kündigungsschutzprozess gegenüber dem Arbeitgeber erklärt, dass er das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen möchte, nur nur einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn unter Anrechnung des Zwischenverdienstes hat im Zeitraum zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnisses (§ 12 Abs. 1, Satz 3 KschG.

sorgfältig vor der Entscheidung prüfen, was für den Arbeitnehmer günstiger ist

Die Entscheidung, ob man also das alte Arbeitsverhältnis fortsetzt oder nicht, hängt also auch davon ab ob es sich lohnt den Annahmeverzugslohnanspruch abzüglich der Zwischenverdienstes für die Vergangenheit geltend zu machen. Es kann in manchen Fällen durchaus sinnvoll sein gegenüber dem alten Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu erklären, den Annahmeverzugslohn geltend zu machen und dann selbst das Arbeitsverhältnis nochmals zu kündigen und später beim neuen Arbeitgeber fortzusetzen. Wie man sich entscheidet, hängt sehr stark von der Höhe des Zwischenverdienstes und von weiteren Faktoren ab.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Berlin-Marzahn

Darf man als Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzverfahrens (also nach Erhebung der Kündigungsschutzklage) bei einem anderen Arbeitgeber arbeiten?

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Kündigungsschutzverfahren - Arbeit bei neuen Arbeitgeber
Arbeit während des Kündigungsschutzverfahrens

Wenn der Arbeitnehmer eine Kündigung des Arbeitgebers erhält, dann kann er sich gegen diese Kündigung-wenn er meint diese Kündigung sei rechtswidrig-nur mittels Kündigungsschutzklage wehren. Häufig ist das Ziel der Kündigungsschutzklage nicht die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung bzw. die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung beendet wurde, sondern die Zahlung einer Abfindung. Auf Abfindung kann der Arbeitnehmer aber nur in Ausnahmefällen klagen.

Trotzdem werden vor dem Arbeitsgericht – zumindest vor dem Arbeitsgericht Berlin – sehr häufig Abfindungen ausgehandelt, da der Arbeitgeber – wenn dieser weiß, dass die Kündigung nicht zum Erfolg führen wird- meistens kein Interesse an der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers hat. Der Arbeitnehmer selbst möchte bei dem Arbeitgeber in den wenigsten Fällen dann auch weiterarbeiten. Dies ist der Normalfall nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber.

 keine Abfindung – streitiges Kündigungsschutzverfahren

Kommt es zu keiner Einigung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber; meistens werden Einigungen in der so genannten Güteverhandlung erzielt, dann wird das Kündigungsschutzverfahren streitig geführt. Ein solches Verfahren kann durchaus in der ersten Instanz ein Jahr oder länger dauern. Danach ist die Berufung gegen die Entscheidung des Arbeitsgericht ist möglich.

 bei Kündigung – Annahmeverzugslohn – kein tatsächliches Angebot des Arbeitnehmers erforderlich

Der Arbeitgeber hat durch die Kündigung zum Ausdruck gebracht, dass er dem Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz zu Verfügung stellen wird und muss, wenn er das Kündigungsschutzverfahren verliert, dem Arbeitnehmer in der Regel den Lohn für den Zeitraum des Kündigungsschutzverfahrens zahlen.

Diesen Lohnanspruch nennt man auch Annahmeverzugslohn, da sich der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers im Verzug befindet. Der Arbeitnehmer muss sich aber Zahlungen von Dritten, insbesondere wird dies häufig ALG I sein, anrechnen lassen bzw. diesbezüglich sind die Ansprüche auf die Agentur für Arbeit aufgrund gesetzlichen Forderungsübergang übergegangen.

Zahlungen von Dritten sind natürlich auch Zahlungen eines neuen Arbeitgebers, bei dem der Arbeitnehmer während des Prozesses bereits gearbeitet hat.

 Arbeit bei neuen Arbeitgeber nach Kündigung (Kündigungsschutzklage) möglich?

So mancher Arbeitnehmer hat sich im Kündigungsschutzverfahren schon gefragt, ob er eigentlich während des Verfahrens auf den „Arbeitsplatz“ des Arbeitgebers warten muss oder ob er auch bei einen neuen Arbeitgeber bereits eine Stelle antreten darf. Diese Frage ist immer abhängig vom Ziel des Mandanten zu beantworten.

sogar Verpflichtung des Arbeitnehmers anderweitig Verdienst zu erzielen während des Kündigungsschutzprozesses

Hier ist die Antwort relativ einfach, der Arbeitnehmer darf und muss sogar – entgegen allgemeiner Meinung bei Arbeitnehmern – während des Kündigungsschutzverfahrens eine neue Arbeitsstelle antreten und einen neuen Arbeitgeber arbeiten, sofern dies möglich und zumutbar ist. Der Arbeitnehmer muss sich sogar während des Kündigungsschutzverfahrens um anderweitige Arbeit bemühen. Den Arbeitslohn, den der Arbeitnehmer dort erhält, muss er sich natürlich – wenn er später das Kündigungsschutzverfahrens gewinnt- auf den Lohnanspruch gegenüber dem „Altarbeitgeber“ anrechnen lassen (§ 615 S. 2 BGB). Er kann bzw. darf nicht zweimal Lohn erhalten.

Zu beachten ist, dass es meist nicht sinnvoll ist, sofort bei einem anderen Arbeitgeber anzufangen, da dies die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess schwächen kann.

 aber vertragliches Wettbewerbsverbot während des Kündigungsschutzverfahrens beachten

Eine Sache darf allerdings der Arbeitnehmer nicht machen, während des Kündigungsschutzverfahrens darf er keine Stelle bei unmittelbarer Konkurrenz zum alten Arbeitgeber antreten. Es gilt nämlich-auch wenn dies im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich geregelt ist-während des bestehenden Arbeitsverhältnis ein so genanntes Wettbewerbsverbot. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage einreicht und eigentlich gehalten ist sich andere Arbeit zu suchen und der Arbeitgeber ihn gar nicht beschäftigen möchte. Verstößt der Arbeitnehmer gegen das Wettbewerbsverbot, dann droht ihm eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber. Dies ist dann „dumm“, wenn der Arbeitnehmer eigentlich dem Prozess vor dem Arbeitsgericht (Kündigungsschutzverfahren) gewonnen hätte und nun diesen Prozess zumindest im Hinblick auf die neue Kündigung wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot verliert.

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin

Das Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers an seiner Arbeitsleistung beim Zahlungsverzug des Arbeitgebers

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In der Praxis kommt es häufig vor, dass der Arbeitgeber den fälligen Arbeitslohn nicht rechtzeitig zahlt. Der Arbeitnehmer, der mit seiner Arbeitsleistung ja in Vorleistung geht, möchte dann seine Arbeitsleistung nicht weiter erbringen, sofern der Lohn nicht gezahlt wird.

Der Arbeitnehmer kann in solchen Fällen seine Arbeitsleistung bis zur Lohnzahlung zurückbehalten.

 Voraussetzung des Zurückbehaltungsrechtes des Arbeitnehmers

Zunächst muss Arbeitslohn ausstehen also fällig sein. Die Rechtsprechung verlangt, dass der ausstehende Arbeitslohn nicht „verhältnismäßig geringfügig“ ist. Es darf also nicht nur ein geringer Teillohnanspruch ausstehen, also z.B. wenn der Arbeitgeber nur mit einem Teil des Lohnanspruch im Zahlungsverzug ist. In einem solchen Fall ist die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes durch den Arbeitnehmer treuwidrig. Das Bundesarbeitsgericht verlangt wenigstens den Rückstand mit 1,5 Monatsgehältern. Wichtig ist dabei zu wissen, dass bei der damaligen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes von nahezu 1,5 Monatsverdiensten die Rede war. Tatsächlich standen 1,3 Monatsverdienste aus. Auf jeden Fall sollte aber der Rückstand mehr als nur ein Monatsgehalt betragen, da ansonsten damit zu rechnen ist, dass gegebenenfalls das zuständige Arbeitsgericht den Rückstand nicht für ausreichend hält, um ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers anzunehmen.

 weitere Treuwidrigkeitsgründe

Grundsätzlich darf der Arbeitnehmer keine anderen alternativen Handlungsmöglichkeiten haben, um den Lohnanspruch kurzfristig unzumutbar durchzusetzen (denkbar wäre hier das zum Beispiel ein bereits vollstreckbarer Titel vorhanden ist). Auch bei kurzfristigen Verzögerungen kann eine Treuwidrigkeit des Arbeitnehmers bestehen. Der Arbeitnehmer darf das Zurückbehaltungsrecht auch nicht zur Unzeit ausüben.

Ganz wichtig, dies wird in der Praxis sehr häufig falsch gemacht, ist, dass der Arbeitgeber genau dem Arbeitgeber mitteilen muss,

  • dass er sein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt und
  • aufgrund welcher Gegenforderung (also die genaue Bezeichnung des Lohnrückstandes)

So dass der Arbeitgeber in der Lage ist von seiner Abwendungsbefugnis nach § 273 Abs. 3 BGB Gebrauch zu machen, also wissen kann, was er genau an den Arbeitnehmer zu zahlen hat und machen muss, um das Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers abzuwenden.

Die faktische Einstellung der Arbeitsleistung ohne diese obigen Erklärungen, wird in der Regel dazu führen, dass der Arbeitnehmer sein Zurückbehaltungsrecht in der Regel nicht wirksam ausgeübt hat und damit auch keine Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers besteht.

RA A. Martin

Wie oft muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber abmahnen bevor er den ausstehenden Arbeitslohn einklagen darf?

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Viele Arbeitnehmer glauben, dass man den Arbeitgeber vor Erhebung einer Klage auf den ausstehenden Arbeitslohn erst mehrmals „abmahnen“ bzw. zur Lohnzahlung auffordern muss.

die Mär vom 3 x „abmahnen“

Herangezogen wird meistens das Märchen vom 3 x anmahnen, bevor es „Ernst“ wird. Dies stimmt im Arbeitsrecht genauso wenig, wie im allgemeinen Geschäftsleben.

der Arbeitsvertrag und der Zahlungsverzug

Die Besonderheit im Arbeitsrecht besteht weiterhin darin, dass im Arbeitsvertrag bereits die Fälligkeit des Arbeitslohnes  durch den Arbeitsvertragsparteien vereinbart wurde; also der Lohn entweder (wenn nichts anderes vereinbart wurde) am letzten Tag des laufenden Monats fällig wird; oder zum Beispiel bei Bauarbeitern zum 15. des nächsten Monats. Dies führt dazu, dass eine Aufforderung zur Lohnzahlung- um den Arbeitgeber in Zahlungsverzug zu setzen (Folge = Zinsen sind geschuldet) – nicht erforderlich ist.

der „automatische Zahlungsverzug“

Der Arbeitgeber ist aufgrund dessen automatisch einen Tag nach Fälligkeit im Zahlungsverzug ohne das es einer Anmahnung des ausstehenden Lohnes durch den Arbeitnehmer bedarf.

Beispiel: Der Arbeitslohn des Arbeitnehmers A soll laut Arbeitsvertrag am letzten Tag des laufenden Monats fällig werden. Dann wird der Lohn für den Monat September 2011 am 30.09.2011 fällig. Der Zahlungsverzug tritt automatisch einen Tag später also am 1. 10.2011 ein, wenn der Arbeitgeber nicht den Lohn zahlt.

Von daher kann der Arbeitnehmer sofort – ab Verzugsbeginn – klagen und braucht nicht zur Zahlung nochmals auffordern. Ob dies immer sinnvoll ist, ist eine andere Frage (gerade bei nur kurzfristigen Überschreitungen des Auszahlungstermins).

Beim sog. Annahmeverzugslohn im Kündigungsschutzverfahren muss der Arbeitnehmer ebenfalls nicht den Arbeitnehmer zur Lohnzahlung auffordern; er muss noch nicht einmal ausdrücklich seine Arbeitsleistung anbieten, denn der Arbeitgeber bringt ja durch die Kündigung zum Ausdruck, dass er dem Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz über die Kündigungsfrist hinaus mehr zur Verfügung stellen möchte.

Rechtsanwalt Andreas Martin