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LAG Berlin-Brandenburg: Anwalt will Fax 10 min vor 12 Uhr ans LAG schicken – keine Wiedereinsetzung

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Ein Kollege versuchte seinen Berufungsschriftsatz gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Berlin um 10 min vor 12 Uhr an das LAG Berlin zu faxen. Der Schriftsatz ging nicht vor 12 Uhr zu, da es zu einer technischen Störung kam. Das LAG lehnte eine Wiedereinsetzung in den versäumte Berufungsfrist ab.

Das LAG Berlin-Brandenburg , Urteil vom 31.3.2015 – 15 Sa 11/15 dazu:

Der Beklagtenvertreter behauptet und versichert anwaltlich, er habe am 18. Februar 2015 die Berufungsbegründung erstellt, ausgedruckt, unterschrieben und ab 23:50 Uhr via Sipgate-Fax an das Landesarbeitsgericht gesendet. Ab diesem Zeitpunkt sei auf dem Computerbildschirm angezeigt worden: „Ihr Fax wird nun versendet. Bitte haben Sie etwas Geduld!“ Bei der Übertragung des Faxes von dem Webaccount von sipgate sei es zu einem Fehler in dem für die Verarbeitung der Faxe verantwortlichen Server (FaxD) bei sipgate gekommen. Insofern beruft er sich auf eine Auskunft des zuständigen Kundenbetreuers von sipgate, wonach in den Logfiles des DataD dieses Fax nicht aufzufinden sei. Er behauptet ferner, dass innerhalb eines Zeitfensters von 9 Minuten bei normaler Übertragungsdauer der Schriftsatz den Speicher des Empfangsgerätes erreicht hätte. Die von der s. GmbH angebotene Dienstleistung biete einen höheren Schutz gegen technische Störungen als die Versendung mit einem herkömmlichen Faxgerät. Da er am 10. März 2015 bei Übersendung des Faxes anfangs kein Antwortsignal erhalten habe, gehe er davon aus, dass das gerichtliche Faxgerät am 18. Februar 2015 gegen 23.50 Uhr nicht empfangsbereit gewesen sei.

Das LAG gewährte keine Wiedereinsetzung und geht von einem Verschulden des Anwalts aus und führt dazu aus:

Der vergebliche Faxversuch um zehn Minuten vor zwölf ist jedenfalls dann nicht unverschuldet, wenn es zuvor schon zu zeitlichen Unregelmäßigkeiten bei der Faxversendung mittels Voice over IP (VoIP) kam. Davon ist hier auszugehen. Der Beklagtenvertreter selbst hat hierzu keine Stellungnahme abgegeben. Der von ihm beauftragte Administrator hat in der Mail vom 20. März 2015 ausgeführt, dass es vorher keine Probleme gegeben habe (Bl. 603 d. A.). Dies trifft schon nach der hiesigen Aktenlage nicht zu. Der dreiseitige Schriftsatz vom 28. August 2014 wurde am gleichen Tag in der Zeit von 13:52 Uhr bis 14:13 Uhr gesendet. Angesichts solcher zeitlicher Verzögerungen hätte der Bevollmächtigte des Beklagten am 18.2.2015 nicht erst um 23:50 Uhr mit einem Versuch beginnen dürfen, einen 15-seitigen Berufungsbegründungsschriftsatz mit seiner Technik (VoIP, s.) zu faxen. Tatsächlich hat auch am 10. März 2015 die Übertragung dieses Textes 13 Minuten gedauert, also deutlich länger als die einkalkulierten 10 Minuten.

RA A. Martin

Vorsicht Zeitarbeit – kurze Ausschlussfristen für Arbeitslohn beachten!

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Vorsicht Zeitarbeit – Ausschlussfristen für Arbeitslohn beachten!

– RA Arbeitsrecht in Berlin – Anwalt A. Martin –

In Zeiten der Wirtschaftskrise arbeiten immer mehr Arbeitnehmer bei Zeitarbeitsfirmen. In den Arbeitsverträgen wird meist am Anfang des Vertrages auf die hier geltenden Tarifverträge (meist BZA oder iGZ) verwiesen. Dies wird meist von den Arbeitnehmern nicht beachtet, da meist kein ausdrücklicher Hinweis auf zu beachtende Ausschlussfristen erfolgt.

Wenn es nun Probleme mit dem Arbeitgeber (Zeitarbeitsfirma) gibt, dann schieben viele Arbeitnehmer diese Probleme vor sich her, da sie das Arbeitsverhältnis nicht „belasten“ möchten. So wird – wenn Arbeitslohn aussteht – meist auch nicht gemahnt oder der ausstehende Arbeitslohn eingeklagt.

Lohnklage bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Zeitarbeitsfirma

Ist aber das Arbeitsverhältnis beendet, was meistens dann auf eine Kündigung der Zeitarbeitsfirma zurückzuführen ist, dann möchte der Arbeitnehmer noch alle ihm zustehenden Ansprüche, insbesondere auch den Anspruch auf  Zahlung des noch ausstehenden Arbeitslohnes geltend machen. Mit Erstaunen stellt der Arbeitnehmer dann aber meistens fest, dass die Ansprüche bereits verfallen sind. Im Tarifvertrag finden sich nämlich sehr kurze Ausschlussklauseln.

Manteltarifvertrag Zeitarbeit (iGZ) – Ausschlussfrist von 1 x 1 Monat

So lautet z.B. § 10 des Manteltarifvertrages der iGZ wie folgt:

§ 10 Ausschlussfristen

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis

in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb einer

Ausschlussfrist von einem Monat nach ihrer Fälligkeit gegenüber der anderen

Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch

schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der

Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von

einem Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht

wird.“

Wer rechnet mit einer so kurzen Ausschlussfrist?

Faktisch haben wir hier eine Ausschlussfrist, die ähnlich, wie die Ausschlussfristen nach dem BRTV-Bau, formuliert sind, aber eben sehr kurz. Beim Bundesrahmentarifvertrag Bau beträgt die Frist immerhin 2 x 2 Monate. Fast kaum ein Arbeitnehmer kennt diese kurzen Fristen oder rechnet damit.

1 Monat für die außergerichtliche schriftliche Geltendmachung

1 Monat für die Klage vor dem Arbeitsgericht

Konsequenzen der Ausschlussfristen in der Zeitarbeit?

Wird die Ausschlussfrist versäumt, besteht in den meisten Fällen kaum eine Chance den Arbeitslohn noch vor dem Arbeitsgericht erfolgreich geltend machen zu können.  Das Arbeitsgericht berücksichtigt die Ausschlussfristen von Amts wegen (anders als z.B. bei der Verjährung – auf die man sich berufen muss).

Rechtsanwalt in Berlin – Arbeitsrecht Berlin – Anwalt A. Martin

€ 80,00 Geldstrafe für Hehlerei und Urkundenfälschung!

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€ 80,00 Geldstrafe für Hehlerei und Urkundenfälschung!

Gestern hatte ich einen Hauptverhandlungstermin an einem sehr nördlich gelegenen Amtsgericht. Es ging um die Vertretung eines Mandanten, dem vorgeworfen wurde, zusammen mit seinen Kollegen gestohlene Gegenstände im erheblichen Wert nach Deutschland verbracht zu haben und hierzu auch Unterlagen gefälscht zu haben. Mein Mandant glänzte durch Abwesenheit, während der sein Kollege (aus PL)- ohne anwaltliche Vertretung – zur Verhandlung erschienen war. Nach langem Hin und Her wurde die Beweisaufnahme geschlossen und die StA beantragte für die Urkundenfälschung und den Diebstahl/wahlweise Hehlerei eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je € 10,00. Zuvor hatte der „Kollege“ (der in Deutschland nicht vorbestraft war) noch angegeben, dass er über kein Einkommen verfüge und bei seiner Mutter wohne, die ihn auch unterstütze. Das Gericht verurteilte daraufhin – wegen der selben Delikte – den Angeklagten zu 80 Tagesssätzen a € 1,00 (faktisch also zu 80 Euro Geldstrafe)!!!

Der Staatsanwalt sagte später zu mir, dass er erst hätte nachschauen müssen, ob eine Verurteilung zu einem Euro Tagessatz überhaupt gesetzlich möglich sei. Einen so geringen Tagessatz habe er noch nie ausgeurteilt bekommen.

Der „Kollege“ bedankte sich beim Gericht für das milde Urteil (in Polen gibt es für solche Delikte gar keine Geldstrafe!) und gab einen Rechtsmittelverzicht ab, zudem wollte noch vom Gericht wissen, wie hoch die Kosten seien und ob er alles in Raten zahlen könne. Das Gericht verwies auf die Staatsanwaltschaft.

Ob es bei der milden Strafe bleiben wird, bleibt abzuwarten. Der StA – der verständlicherweise keinen Rechtsmittelverzicht erklärt hatte – wird wohl (wenn er sich von dem Schock erholt hat) über Rechtsmittel nachdenken, schließlich hatte das Gericht aus „seinen“ € 1.000,00 (Antrag) € 80,00 gemacht.

Der Angeklagte wird entspannt nach Hause gefahren sein (mit dem Auto natürlich- so arm war er wohl dann doch nicht) und wird sich über den milden deutschen Richter gewundert haben.

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin