Kann man mit einem Krankenschein die Kündigung hinauszögern?

Das Wichtigste vorab:
Auch während der Arbeitsunfähigkeit / Krankheit darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigen. Die Krankheit verhindert also eine Kündigung nicht. Es gibt von daher kein Kündigungsverbot während der Krankschreibung.
Verhinderung einer Kündigung durch Krankschreibung
In Zeiten der Coronakrise wird es wahrscheinlicher, dass der Arbeitgeber zum Beispiel aus wirtschaftlichen Gründen das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beendet. Darauf hat der Arbeitnehmer wenig Einfluss. Oft ist auch nicht klar, weshalb genau die Kündigung erfolgt, da der Arbeitgeber dies nicht ausreichend vorher kommuniziert.
Strategien zur Vermeidung eine Kündigung
Viele Arbeitnehmer überlegen sich von daher, ob es Strategien gibt, mit denen man die Kündigung verhindern beziehungsweise hinauszögern kann. Ein Gedanke, der sich oft auch in entsprechenden Foren im Internet wiederfindet ist der, dass der Arbeitnehmer – wenn er davon erfährt, dass er gekündigt werden soll – sich vorsorglich krankschreiben lässt und dadurch verhindert, dass eine Kündigung ausgesprochen wird.
Krankschreibung und Kündigung
Dies ist ein Mythos. Die Arbeitsunfähigkeit verhindert nicht, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt. Es gibt in Deutschland kein Verbot, während bestehende Arbeitsunfähigkeit/Krankheit gekündigt zu werden. Der Arbeitgeber darf von daher unproblematisch auch während einer Erkrankung des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden.
Dies ist deshalb schon logisch, da ansonsten z.B. eine personenbedingte Kündigung, deren Hauptanwendungsfall ja die krankheitsbedingte Kündigung ist, fast nie möglich wäre. Da der Arbeitnehmer ja in diesen Fällen immer noch krank ist.
kein gesetzliches Verbot
Gesetzlich ist nämlich geregelt, wann eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht erlaubt ist. Eine gesetzliche Regelung, wonach eine Kündigung während der Arbeitsunfähigkeit nicht zulässig ist, gibt es nicht.
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – § 8 Entgeltfortzahlungsgesetz
Eine andere Frage ist, ob die Arbeitgeber durch eine Kündigung während die Erkrankung des Arbeitnehmers gegebenenfalls nachteilige Konsequenzen erleidet. Der Arbeitgeber darf grundsätzlich während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers kündigen, allerdings wenn die Kündigung im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Anzeige der Arbeitsunfähigkeit steht, dann kann es sein, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auch über das Ende des Arbeitsverhältnis hinaus vorzunehmen.
Dies hört sich kompliziert an, kann aber ganz einfach anhand eines Beispiels erläutert werden.
Beispiel:
Der Arbeitnehmer – welcher noch in der Probezeit ist – teilt dem Arbeitgeber am 3. November 2020 mit, dass er wahrscheinlich für zwei Wochen arbeitsunfähig krank ist. Dies gefällt dem Arbeitgeber überhaupt nicht und er kündigt noch am gleichen Tag des Arbeitsverhältnis ordentlich mit dem Arbeitnehmer mit der gesetzlichen Frist von 2 Wochen.
Da die Kündigung hier im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Mitteilung des Arbeitnehmers erfolgt, dass er krank ist, bestehen gute Chancen, dass der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber vorgehen kann und verlangen kann, dass dieser die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auch über den 17. November 2020 (Ende der 2-Wochenfrist) hinaus, maximal für sechs Wochen leisten muss.
Damit so verhindert werden, dass der Arbeitgeber sich durch eine Kündigung mit kurzer Frist aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit von der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zulasten der Krankenkasse und damit der Allgemeinheit löst.
Wie oben bereits ausgeführt, macht dies die Kündigung des Arbeitgebers aber nicht unwirksam. Die Kündigung ist weiter wirksam und beendet das Arbeitsverhältnis, allerdings muss der Arbeitgeber dann noch über das Ende des Arbeitsverhältnis hinaus die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall an den Arbeitnehmer leisten (wenn dies weiter krank ist).
Achtung:
Trotzdem kann der Arbeitgeberkündigung unwirksam sein. Auch wenn die Arbeitsunfähigkeit die Kündigung nicht ausschließt, heißt dies noch lange nicht, dass die Kündigung gerechtfertigt sein muss. Insbesondere wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, hat der Arbeitnehmer oft gute Chancen im Kündigungsschutzverfahren einen positiven Ausgang herbeizuführen. Dazu muss er allerdings Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung des Arbeitgebers beim Arbeitsgericht einreichen. Ansonsten wird die Kündigung auf jeden Fall wirksam, nämlich nach § 7 des Kündigungsschutzgesetzes. Dies ist die so genannte Wirksamkeitsfunktion.
Entscheidungen der Gerichte zur Arbeitsunfähigkeit
- Kündigung bei nicht unverzüglichen Anzeige der Arbeitsunfähigkeit möglich – LAG Baden-Württemberg
- Kann man mit einem Krankenschein die Kündigung hinauszögern?
- Der Arbeitgeber will die Krankheit wissen – was muss ich verraten?
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bei wechselnder Erkrankung?
- BAG: Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall kann in Höhe des Mindestlohns nicht verfallen!
- Erkrankung des Arbeitnehmers während des Urlaubs?
- krankheitsbedingte Kündigung – Voraussetzungen und Prüfung der Wirksamkeit
- Höhe der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
- Personalgespräch während Krankheit – muss der Arbeitnehmer teilnehmen?
- Ausgleich von Überstunden bei Krankheit während der Freistellung?
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin
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