Abwicklungsvertrag und Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage

Abwicklungsverträge kommen in der Praxis oft vor. Diesen haben den Zweck die Modalitäten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach einer Kündigung zu regeln.
Abwicklungsvertrag und Kündigungsschutzklage
Nicht selten wird im Abwicklungsvertrag geregelt, dass der Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Dies kann problematisch sein.
Unterschied zum Aufhebungsvertrag
Oft wird der Abwicklungsvertrag mit dem Aufhebungsvertrag verwechselt. Im Gegensatz zu einem Aufhebungsvertrag führt der Abwicklungsvertrag selbst nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Abwicklungsvertrag wird vielmehr im Anschluss an eine (arbeitgeberseitige) Kündigung geschlossen, sofern es zu einer Einigung der Parteien kommt und der Bedarf für einen Vertragsschluss besteht. Ein Abwicklungsvertrag kann auch nach einem Aufhebungsvertrag geschlossen werden, was aber in der Praxis selten vorkommt.
Der Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis während der Abwicklungsvertrag regelt die Modalitäten nach einer Beendigung (z.B. durch Kündigung).
vorformulierter Vertrag- Überprüfung AGB
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BAG- Urteil vom 24.09.2015 – 2 AZR 347/14) handelt es sich bei einer Vereinbarung über die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses um einen Verbrauchervertrag. Dieser wird durch die Gerichte entsprechen der §§ § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB sowie von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB überprüft (allgemeine Geschäftsbedingungen). Diese strenge Prüfung der Vereinbarung durch die Arbeitsgericht findet nur dann nicht statt, wenn der Arbeitnehmer ernsthaft Einfluss auf den Inhalt der Vereinbarung hatte, was selten der Fall ist.
Abwicklungsvertrag und Sperre
Zu beachten ist, dass der Arbeitnehmer sozialrechtlich verpflichtet ist, die Wirksamkeit der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung zu prüfen. Wehrt sich der Arbeitnehmer nicht gegen eine unwirksame Kündigung und schließt einen Abwicklungsvertrag, wird er in der Regel eine Sperre erhalten. Das Bundessozialgericht hat dazu entschieden, dass dann das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer beendet wurde (BSG 18.12.2003 – B 11 AL 35/03).
Von daher sollte sich der Arbeitnehmer dringend zur Vermeidung einer Sperrzeit in ungewissen Fällen vor dem Abschluss eines Abwicklungsvertrages durch einen Rechtsanwalt über die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage beraten lassen.
Inhalt des Abwicklungsvertrags
Der Abwicklungsvertrag wird in der Regel folgendes regeln:
- Hinweis auf Beendigung durch Kündigung zum bestimmten Datum
- ggfs. Freistellung des Arbeitnehmers / Lohnzahlungspflicht
- ggfs. Zahlung einer Abfindung
- Anrechnung von Urlaub und Überstunden bei Freistellung
- Arbeitszeugnis / Arbeitspapiere
- ggfs. Ausgleichsklausel
Regelung über Klageverzicht (Kündigungsschutzklage)
Nicht selten versuchen Arbeitgeber mit in den Abwicklungsvertrag zu schreiben, dass der Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage – wenn zuvor eine Kündigung ausgesprochen wurde – verzichtet. Eine solcher Klageverzicht kann aber problematisch sein.
Verzicht auf Erhebung einer Kündigungsschutzklage
Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers unwirksam. Es liegt dann eine unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vor.
Ohne Gegenleistung oder ohne angemessene Gegenleistung im Abwicklungsvertrag kann der Arbeitnehmer nicht wirksam auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichten!
Eine unangemessene Benachteiligung liegt und damit die Unwirksamkeit des Abwicklungsvertrag liegt also vor, wenn
- ohne Gegenleistung auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet wird
- ohne angemessene Gegenseite auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet wird
angemessene Gegenleistung für Verzicht
Auch die Zusage eines guten Arbeitszeugnisses reicht nicht aus. Denn nach dem Bundesarbeitsgericht ist die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein gutes Zeugnis mit überdurchschnittlichen Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, keine ausreichende Kompensation für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage für eine zuvor ausgesprochene Kündigung (BAG – Urteil vom 24.09.2015 – 2 AZR 347/14).
Rechtsanwalt Andreas Martin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Marzahner Promenade 22
12679 Berlin
Tel.: 030 74 92 16 55
E-mail: info@anwalt-martin.de
14. Januar 2021 um 13:32
[…] unwirksam ist, kann der Arbeitnehmer sich innerhalb von drei Wochen gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht wehren. Dazu wird im Normalfall fast immer geraten. Ob dies nun über ein […]
30. April 2021 um 16:29
[…] Abwicklungsvertrag und Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage […]
28. Mai 2021 um 16:20
[…] Abwicklungsvertrag und Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage […]