Rechtsschutzversicherung und Kündigungsschutzklage – was wird bezahlt?

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Rechtschutzversicherung und Kündigungsschutzklage

Gerade in Arbeitsrechtsstreitigkeiten/ Bestandsschutzstreitigkeiten (bei Erhebung von Kündigungsschutzklagen) lohnt es sich für den Arbeitnehmer meistens, wenn er eine Rechtsschutzversicherung hat. Die Kosten für eine solchen Kündigungsschutzverfahren können hier erheblich sein.

Die Anwaltsgebühren – welche sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmen – sind der Posten, der mit Abstand am größten ist, da die Gerichtskosten im Kündigungsschutzverfahren im Normalfall nicht besonders hoch sind und in bestimmten Fällen, z. B. für den Fall der Rücknahme der Kündigungsschutzklage oder dem Abschluss des Vergleiches (was sehr oft zumindest beim Arbeitsgericht Berlin vorkommt) komplett entfallen. Auch ist im Arbeitsgerichtsverfahren kein Vorschuss auf die Prozesskosten zu zahlen. Eine Erstattung für die Anwaltsgebühren der Gegenseite scheidet im Arbeitsrecht im außergerichtlichem Bereich und in der 1. Instanz vor dem Arbeitsgericht aus.

Beispiel: Der Arbeitnehmer hat eine monatliche Bruttovergütung von € 2.500 pro Monat und klagt gegen eine Kündigung des Arbeitgebers. Im Gütetermin schließt der Anwalt des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber einen Abfindungsvergleich (dessen Höhe für die Anwaltskosten in der Regel unerheblich ist). Die Anwaltskosten des Arbeitnehmers – die er selbst tragen muss -betragen hier rund € 1.900.

Bei Eintritt des Rechtsschutzfalles – was ist zu machen?

Sofern der Arbeitnehmer die Kündigung erhält, sollte er den Zugang der Kündigung notieren und sodann sofort mit dem Rechtsschutzversicherer Kontakt aufnehmen. Dabei ist zu beachten, dass es nicht sinnvoll ist, den Versicherungsmakler anzurufen, sondern direkt bei der Schadenhotline des Rechtsschutzversicherers. Diese findet man meist auf der Versicherungskarte oder den Versicherungsschein.

Beispiele für Schadenhotline bekannter Rechtschutzversicherer:

Allianz: 0800 1122 555

ARAG: 0211 99 333 99

DAS/ERGO: 0800 3746 555

Roland: 0221 8277 500

ÖRAG: 0211 529 5555

Advocard: 040 23 73 10

HUK Coburg: 0800 2485 732

DEURAG: 0800 033 87 24

Dort meldet man den Schaden an und die Mitarbeiter überprüfen sofort, ob dem Grunde nach Rechtsschutz für die Abwehr der Kündigung (Kündigungsschutzklage) durch einen Rechtsanwalt nach eigener Wahl besteht. Auch wenn meist noch keine verbindliche schriftliche Zusage zu diesem Zeitpunkt erfolgt, so weiß doch der Arbeitnehmer, dass Rechtsschutz für die Erhebung der Kündigungsschutzklage mit hoher Wahrscheinlichkeit erteilt werden wird.

Beratung bei Kündigung durch einen Rechtsanwalt

Macht dies der Arbeitnehmer nicht, setzt er sich der Gefahr aus, dass er sich kostenpflichtig beim Rechtsanwalt beraten lässt und die Rechtsschutzversicherung dann – aus welchen Gründen auch immer – die Kosten nicht übernimmt, da kein Rechtsschutz besteht. Diese Fälle treten in der Praxis – so meine Erfahrung als Anwalt in Berlin- Marzahn – nicht selten auf. Es kann z. B. sein, dass die Wartezeit für die Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung noch nicht abgelaufen ist, eine Rate nicht gezahlt wurde oder der Arbeitnehmer nicht richtig mitversichert (als Lebenspartner) wurde.

Anruf bei Rechtzschutzversicherung vor dem Beratungstermin beim Anwalt

Von daher rate ich den Mandanten bei Vereinbarung eines Gesprächstermins – zum Beispiel bei Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber- immer, dass sie kurz vorher bei Ihrer Rechtsschutzversicherung anrufen und dies erfragen. Der Arbeitnehmer hat dann einfach eine gewisse Sicherheit, wenn er zum Anwalt zur Beratung kommt.

Selbstbeteiligung im Rechtschutzfall?

Auch sollte der Arbeitnehmer immer erfragen, in welcher Höhe eine Selbstbeteiligung besteht. Meist beträgt die Selbstbeteiligung 150,00 €. Viele Arbeitnehmer haben aber auch gar keine Selbstbeteiligung vereinbart. Dies erfragt der Anwalt – der dann später ohnehin eine schriftliche Deckungsanfrage tätig – dann später auch. Die Rechtschutzversicherer zeigen sich manchmal kulant, wenn es nur bei der Beratung über Kündigung bleibt und erlassen die Selbstbeteiligung.

Welche Kosten werden vom Rechtsschutzversicherer bei der Kündigungsschutzkalge übernommen?

Der Rechtsschutzversicherer zahlt im Normalfall die Anwaltsgebühren für die Erhebung der Kündigungsschutzklage sowi die Gerichtskoten. Dies beschränkt sich auf den konkreten Kündigungsschutzantrag und ggf. auf den allgemeinen Feststellungsantrag. Für den Arbeitnehmer ist nur wichtig zu wissen, dass die Rechtsschutzversicherung die Kosten zunächst für die Erhebung der Kündigungsschutzklage deckt. Der größte Posten sind dabei die Anwaltsgebühren und diese fallen in einer ganz bestimmten Höhe an, sodass es diesbezüglich eigentlich Klarheit geben dürfte.

Was wird nicht von der Rechtsschutzversicherung übernommen?

Meistens weisen Rechtsschutzversicherer bereits im ersten Schreiben darauf hin, dass die Kosten für die Stellung eines Weiterbeschäftigungsantrages erst übernommen werden, wenn die Güteverhandlung gescheitert ist. Ein solcher Antrag sollte dann bedingt gestellt werden. Der Grund ist der, dass sich durch den Weiterbeschäftigungsantrag der Streitwert erhöht und sich danach die Anwaltsgebühren richten. Der Streitwert beim Weiterbeschäftigungsantrag erhöht sich meistens um ein Brutto-Monatsgehalt.

Künftige Gehaltsansprüche im Kündigungsschutzprozess

Werden mit der Kündigungsschutzklage zukünftig entstehende noch nicht fällige Lohn- und Gehaltsansprüche anhängig gemacht, ist damit zu rechnen, dass der Versicherer auch hier Mehrkosten (auch hier erhöht sich der Streitwert im Normalfall) nicht übernehmen wird. In bestimmten Fällen kann aber trotzdem die Geltendmachung durchaus sinnvoll und auch angebracht sein, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitgeber eine Zahlung nicht vornehmen wird. Auch ist es meiner Erfahrung nach – zumindest in Berlin ist dies so – dass im Kündigungsschutzprozess sich der Arbeitgeber stärker auf Kündigungsproblematik fixiert und dabei nicht besonders sorgfältig prüft, inwieweit die Annahmeverzugslohnansprüche (so nennt man diese Ansprüche) vorliegen oder nicht, um diese Ansprüche dann in diesem Prozess durchzusetzen.

Nicht rechtshängige Ansprüche

Das Problem besteht darin, wenn nicht rechtshängige Ansprüche geltend gemacht werden. Oft ist es so, dass Kündigungsschutzverfahren durch einen Vergleich enden. Hier im Vergleich auch aufzunehmen, dass z. B. Urlaub abzugelten ist, Arbeitzeugnis zu erteilen. Das Gericht legt ggf. einen höheren Streitwert fest und dadurch wären die Gesamtkosten insgesamt für die Versicherung höher. Die Versicherungen verlangen hier meistens, dass diese Positionen, die hier mitverglichen wurden, im Streit standen, sonst wird meistens die Erhöhung des Streitwertes hier nicht akzeptiert.

Außergerichtliche Anwaltskosten?

Die Versicherungen weisen auch darauf hin, dass diese die Kosten für die außergerichtliche Vertretung durch den Rechtsanwalt im Kündigungsrechtsstreit nicht übernehmen. Schreibt der Rechtsanwalt also den Arbeitgeber an, dann entsteht hierfür eine 1,3 Geschäftsgebühr im außergerichtlichen Bereich. Diese Gebühr wird zum Teil auf die später dann entstehende Gebühr für die Klageerhebung angerechnet, es gibt hier aber häufig Probleme bei der Erstattung. Im Normalfall besteht auch kein Anlass den Arbeitgeber außergerichtlich noch anzuschreiben.

außergerichtliche Tätigkeit im Kündigungsschutzverfahren manchmal erledigt

In bestimmten Fällen kann dies aber notwendig sein, insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung wegen Verstoßes nach § 174 BGB zurückweist, da der Ausspruch der Kündigung durch eine Person erfolgt ist, deren Bevollmächtigung dem Arbeitnehmer nicht bekannt ist und keine Vollmacht im Original beigefügt wurde. Auch kann es durchaus sinnvoll sein, beim Arbeitgeber zu erfragen, welche Kündigungsgründe vorliegen, und ob ggf. Tarifverträge Anwendung finden. Auch die Mitteilung einer Schwangerschaft bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber wäre mitzuteilen. Für all dies ist es meistens nicht sinnvoll, dies in der Kündigungsschutzklage bereits zu machen, da hier kurze Fristen gelten. Der Arbeitgeber bekommt die Kündigungsschutzklage dann vom Arbeitsgericht zugestellt und dann ist schon einige Zeit vergangen und die Fristen könnten ggf. abgelaufen sein.

Es ist von daher immer im Einzelfall zu entscheiden, ob außergerichtlich mit dem Arbeitgeber vor Klageerhebung nochmals Kontakt aufgenommen wird.

Anwaltszwang auf Seiten der Rechtsschutzversicherung?

Grundsätzlich hat der Versicherungsnehmer freie Wahl in Bezug auf den Rechtsanwalt. Die Rechtsschutzversicherung wird allerdings fast immer einen Rechtsanwalt vorschlagen, der mit der Versicherung zusammenarbeitet. Dies muss nicht zwangsläufig für den Versicherungsnehmer schlecht sein. Allerdings ist die Beauftragung des Anwalts auch Vertrauenssache und von daher haben die Versicherungsnehmer grundsätzlich die freie Auswahl unter den Rechtsanwälten und davon sollte man auch Gebrauch machen.

Welche Unterlagen sollte man mit zum Rechtsanwalt für die Beratung mitnehmen?

Folgende Unterlagen sollte man zum Beratungstermin beim Anwalt wenigstens mitnehmen:

  • Rechtschutzversicherungskarte/ Versicherungsschein (am besten schon mit Schadennummer, sofern schon vorhanden)
  • Kündigung (mit notierten Zugangsdatum)
  • Arbeitsvertrag (nebst Ergänzungen)
  • Abmahnungen falls vorhanden
  • letzten 3 Lohnabrechnungen

Wie sollte man nach dem Erhalt einer Kündigung durch den Arbeitgeber vorgehen?

1. Ruhe bewahren und die 3-Wochenfrist für die Klage ab Erhalt der Kündigung notieren

2. Kostenübernahme und Schadennummer bei Rechtschutzversicherer erfragen

3. Beratungstermin beim Rechtsanwalt vereinbaren (Unterlagen nicht vergessen)

Rechtsanwalt Andreas Martin

Marzahner Promenade 22
12679 Berlin

(Nähe Eastgate)
Tel.: 030 74 92 1655
Fax: 030 74 92 3818
E-mail: info@anwalt-martin.de

Fachanwalt für Arbeitsrecht

17 Gedanken zu „Rechtsschutzversicherung und Kündigungsschutzklage – was wird bezahlt?

    […] Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht und gewann in der ersten Instanz. Die Berufung des Arbeitgebers zum Hessischen LAG wurde […]

    […] Der Angestellte erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. […]

    […] Arbeitnehmer/ Kläger erhob Kündigungsschutzklage und meinte, dass seine Äußerungen durch die Meinungsfreiheit gedeckt […]

    […] es ausreichend ist, wenn ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers vorliegt, welches man in der Kündigungsschutzklage sieht, da der Arbeitgeber keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen möchte. Ein […]

    […] gegen eine Kündigung des Arbeitgebers vorgehen, bleibt ihm nur die Möglichkeit der Erhebung der Kündigungsschutzklage innerhalb einer Frist von 3 Wochen. Macht er dies nicht, dann wird die Kündigung nach § 7 […]

    […] der Arbeitnehmer eine Kündigungssschutzklage zum Arbeitsgericht und greift er damit beide Kündigungen an, dann prüft das […]

    […] Regelung im Arbeitsvertrag die Kündigungsgründe nicht mitteilt, und der Arbeitnehmer daraufhin Kündigungsschutzklage erhebt und das Verfahren verliert, dass er ggf. Schadenersatzansprüche gegen den Arbeitgeber hat. […]

    […] Güteverhandlung statt. Dieser Termin wird recht schnell vom Arbeitsgericht anberaumt. Bei einer Kündigungsschutzklage z.B. bekommt man den Termin bereits 3-5 Wochen nach Einreichung der […]

    […] Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage und meinte, dass die Daten/ Videoaufzeichnungen schon längst hätten gelöscht werden müssen, so […]

    […] der Arbeitnehmer das Rücknahmeangebot des Arbeitgebers wirksam angenommen, kann er die Kündigungsschutzklage der Einfachheit halber zurücknehmen, es würden dann keine Gerichtskosten […]

    […] Vorinstanzen hatte die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem am 9. November 2017 verkündeten Urteil […]

    […] einen Teil der Kündigungsschutzklage wurde bereits entschieden und in all diesen Verfahren hat das Arbeitsgericht Köln die Kündigungen […]

    […] meisten Kündigungsschutzverfahren vor den Arbeitsgerichten enden in der Güteverhandlung durch einen Vergleich. Der Vergleich wird […]

    […] aber bevorzugt behandeln, d.h. dann würden zunächst die Gütetermine/ Kammertermine in den Kündigungsschutzverfahren […]

    […] eine ausgesprochene Kündigung immer vom Rechtsanwalt überprüfen lassen. Wer jetzt noch eine Rechtsschutzversicherung hat, sollte diese – um zu sparen – nicht kündigen, denn die Selbstfinanzierung eines […]

    […] Die Annahmeverzugslohn spielt im Arbeitsgerichtsverfahren vor allem bei Bestandsstreitigkeiten eine erhebliche Rolle. Zu sollenden Bestandsstreitigkeiten zählen vor allem Kündigungsschutzverfahren. […]

    […] und auch der Arbeitgeber immer die eigenen Anwaltskosten zahlen muss. Die Erstattung von Anwaltskosten, zum Beispiel als Verzugsschaden für eine Mahnung ist im Arbeitsrecht nicht vorgesehen. Der […]

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