Monat: Dezember 2014
Guten Rutsch ins Jahr 2015
Guten Rutsch ins Jahr 2015 wünschen ich allen Lesern und Mandanten.
Rechtsanwalt Andreas Martin
BAG: keine vorschnelle Verwirkung von Schadenersatzansprüchen wegen Mobbing
Ein Arbeitnehmer machte gegen einen früheren Vorgesetzten einen Schmerzensgeldanspruch wegen jahrelangen Mobbing in Höhe von mindestens 10.000 Euro (Mindestschaden) geltend. Er soll im Zeitraum von 2006 bis 2008 von diesem schikaniert worden sein. Der letzte Vorfall war angeblich im Februar 2008. Der Arbeitnehmer war über einen langen Zeitraum krank geschrieben u.a. wegen Depressionen.
Erst im Dezember 2010 klagte der Arbeintehmer gegen seinen früheren Vorgesetzten auf Schmerzensgeld vor dem Arbeitsgericht.
Das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Urteil vom 25. Juli 2013 – 5 Sa 525/11) (darüber hatte ich bereits berichtet) wies in 2. Instanz den Anspruch des Arbeitnehmers wegen Verwirkung zurück. Der Arbeitnehmer habe schlichtweg (hier 2 Jahre) zu lange mit der Klage gewartet.
Die dagegen gerichtete Revision zum Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 11. Dezember 2014 – 8 AZR 838/13) hatte Erfolg. Das BAG hob das Urteil auf und verwies die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das LAG Nürnberg zurück.
Das BAG ging von keiner Verwirkung aus und führte dazu in seiner Pressemitteilung Nr. 65/14 vom 11.12.2014 aus:
Eine Verwirkung, die nur unter ganz besonderen Umständen zu bejahen ist, scheidet hier aus. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein bloßes Zuwarten nicht als „treuwidrig“ anzusehen. Ein Unterlassen begründet nur dann ein Umstandsmoment, wenn aufgrund zusätzlicher besonderer Umstände eine Pflicht zur zeitnahen Geltendmachung besteht. In der vorzunehmenden Gesamtabwägung darf nicht auf eventuelle Beweisschwierigkeiten auf Seiten des Anspruchsgegners abgestellt werden. Das durch Richterrecht geschaffene Institut der Verwirkung darf in seiner Anwendung nicht dazu führen, dass die gesetzliche Verjährung unterlaufen wird. Das Landesarbeitsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob tatsächlich ein Mobbinggeschehen festzustellen ist.
Die Entscheidung des BAG ist richtig. Eine Verwirkung besteht aus einem Zeit- und einem Umstandsmoment. Das Abwarten allein reicht im Normalfall für eine Verwirkung nicht aus.
Rechtsanwalt Andreas Martin
LAG Niedersachsen: persönliches Erscheinen vor dem Arbeitsgericht – wahrheitsgemäße Sachverhaltsangaben
Die Anordnung des persönlichens Erscheinens vor dem Arbeitsgericht wird oft mißverstanden.
Die Erläuterungen dazu auf der Ladung / Anordnung der Arbeitsgerichte dazu sind nicht einfach zu verstehen.
Vielen Arbeitnehmer meinen, dass sie zum Termin ohnehin nicht Erscheinen müssen, da sie ja einen Vertreter entsenden können, der zur Sachverhaltsaufklärung in der Lage und zu Vergleichsverhandlungen berechtigt und dieser Vertreter „automatisch“ ihr Rechtsanwalt ist. Dies ist nicht richtig. Im Normalfall wird der beauftragte Anwalt den Sachverhalt nicht so genau kennen, wie der Mandant selbst und nicht in der Lage sein dazu Nachfragen des Gerichts zu beantworten.
Über die Entscheidung des BAG zum festgesetzten Ordnungsgeld wegen des Nichtbefolgens des persönlichen Erscheinens des Arbeitnehmers bei einem entscheidungsreifen Sachverhalt, habe ich ja schon berichtet.
Nun hat das LAG Niedersachen (Beschluss vom 14.10.2014 – 5 Ta 373/14) ebenfalls zum festgesetzten Ordnungsgeld wegen des Nichterscheinens zum Termin entschieden.
Im vorliegendem Fall klagte ein Arbeitnehmer auf Zahlung von Arbeitslohn. Der Arbeitgeber ließ über seinen Rechtsanwalt unter Beweisantritt vortragen, dass der Arbeitnehmer bereits rund 800 Euro aufgrund einer Barzahlung auf den Lohn erhälten hat (Erfüllungseinwand). Genaue Angaben waren im Schriftsatz des Anwalts aber nicht zu finden.
Zum Kammertermin ordnete das Gericht das persönliche Erscheinen des Arbeitgebers zur Sachverhaltsaufklärung an. Dieser erschien aber zum Termin nicht. Der Anwalt konnte die Fragen zur angeblichen Barzahlung (wann und wo) nicht beantworten.
Das Gericht gab dem Arbeitnehmer recht und hielt den Einwand der Erfüllung für nicht ausreichend substantiiert. Darüber hinaus verhängte das Arbeitsgericht gegen den nicht erschienenen Arbeitgeber ein Ordnungsgeld in Höhe von € 300 verhangen.
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss legte der Anwalt des Arbeitgebers Beschwerde ein. Das Arbeitsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte diese dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen zur Entscheidung vor.
Das LAG Niedersachsen führte dazu aus:
Die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist kein Selbstzweck und dient nicht ausschließlich der Bestrafung einer „ungehörigen“ Partei. Soweit daraus allerdings die Konsequenz gezogen wird, die Verhängung eines Ordnungsgeldes geschehe ermessensfehlerhaft, wenn man trotz oder möglicherweise sogar wegen des unentschuldigten Ausbleibens der Partei den Rechtsstreit für die Instanz beenden könne, teilt das Beschwerdegericht diese Rechtsauffassung nicht und meint, dass diese Auffassung nicht interessengerecht alle mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens verbundenen Zwecke berücksichtigt.
Richtig ist vielmehr folgendes: Die Anordnung des persönlichen Erscheinens gemäß §§ 51 Abs. 1 S. 1 ArbGG, 141 Abs. 1 ZPO ergänzt regelmäßig die Verpflichtung des Gerichtes zur materiellen Prozessleitung gemäß § 139 ZPO und zur Sachverhaltsaufklärung unter besonderer Berücksichtigung des § 138 ZPO, nämlich der Verpflichtung der Parteien, über tatsächliche Umstände wahrheitsgemäß und vollständig Erklärungen abzugeben (§ 138 Abs. 1 ZPO).
Von diesem Zweck ließ sich das Arbeitsgericht sowohl bei der prozessleitenden Anordnung des persönlichen Erscheinens als auch bei der Verhängung des Ordnungsgeldes leiten. Dies zeigt die Begründung des Ordnungsgeldbeschlusses. Der erkennbare Sinn und Zweck der Sachverhaltsaufklärung, nähere Einzelheiten zu erfragen um sie sodann mit der Gegenpartei zu erörtern, ist vereitelt worden.
Es ist für das Beschwerdegericht nicht auszuschließen, liegt möglicherweise durchaus nahe, dass bei persönlicher Anwesenheit des Beschwerdeführers und näherer Schilderung der Geldübergabe der Kläger hiermit konfrontiert, hätte einräumen müssen, dieses entspräche der Wahrheit. Ganz allgemein führt die Sachverhaltsaufklärung durch die persönliche Stellungnahme der Parteien und die sofortige Konfrontation der Gegenpartei mit den Äußerungen der darlegungs- und beweispflichtigen Partei dazu, eine materiell richtige Tatsachengrundlage für ein Urteil zu schaffen. Ein ums andere Mal ist in einer derartigen Fallkonstellation bereits Vorbringen, welches durch die Anwaltsschriftsätze höchst streitig war, entweder ganz oder jedenfalls teilweise unstreitig geworden. Hierzu tragen die gesamte Verhandlungsatmosphäre vor der Kammer und auch die Art der Befragung durch den Berufsrichter, der die Verhandlung leitet, bei. Vorstehendes entspricht der langjährigen Erfahrung der Beschwerdekammer.
Darüber hinaus hat die fehlende Sachverhaltsaufklärung, die zwar zu einem abschließenden Urteil in dieser Instanz führt, weitere Konsequenzen für den Instanzenzug. Ein lediglich auf den Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast beruhendes Urteil wird von den Parteien erfahrungsgemäß viel seltener akzeptiert als ein Urteil, welches nach gründlicher Sachaufklärung ergeht. Die Wahrscheinlichkeit eines Rechtsmittels ist in jenem Fall größer als in diesem. Auf die fehlende Klärung entscheidungserheblicher Rechtsfragen stellt beispielsweise auch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 20.08.2007, Az.: 3 AZB 50/05 – Juris) ab, ohne dass es danach darauf ankommen kann, ob der Rechtsstreit in dieser Instanz rechtskräftig abgeschlossen wird oder nicht.
Nach alledem war die Beschwerde gegen Ordnungsgeldbeschluss zurückzuweisen, wobei sich die Höhe des Ordnungsgeldes im gesetzlich festgelegten Rahmen hält. Weder hat der Beschwerdeführer Einwände vorgebracht noch ist für das Beschwerdegericht irgendeine Form des Ermessensfehlgebrauches durch das Arbeitsgericht ersichtlich.
Frohes Fest!
Allen Lesern dieses Blogs und meinen Mandanten wünsche ich ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest 2014!
Grüße aus New Jersey
Andreas Martin
Zuschlag für Nachtarbeit – muss der Arbeitgeber höheren Lohn zahlen?
Ein häufiges Missverständnis vieler Arbeitnehmer besteht darin, dass diese meinen, dass z.B. Feiertagsarbeit oder Sonntagsarbeit per Gesetz höher zu vergüten sind. Dem ist nicht so. Eine entsprechende gesetzliche Regelung einer Mehrvergütung gibt es nicht.
Sonn- und Feiertagszuschlag aus Tarifvertrag möglich
Aus dem konkreten Arbeitsvertrag oder aus einem anwendbaren Tarifvertrag kann sich aber eine solche höherer Vergütung ergeben.
Zuschlag für Nachtarbeit laut Gesetz?
Man könnte nun meinen, dass das gleiche für die Nachtarbeit gilt. Dem ist aber nicht so.
Nachtarbeiterzuschlag laut Gesetz
Der Gesetzgeber hat für die Nachtarbeit ausdrücklich geregelt, dass hier entweder ein höherer Lohn („Nachtarbeiterzuschlag“) zu zahlen ist oder ein entsprechender Freizeitausgleich zu erfolgen hat. Der Grund dafür ist der, dass die Nachtarbeit grundsätzlich eine besondere Belastung für den Arbeitnehmer darstellt. Dies gilt unter dem Vorbehalt, dass keine gesonderte tarifvertragliche Regelung besteht. Zur Frage, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Wechsel von der Nachtschicht in die Tagschicht hat, verweise ich auf meine vorherigen Ausführungen.
gesetzliche Regelung
Geregelt ist dies im Arbeitszeitgesetz und zwar in § 6 Abs. 5 des Arbeitszeitgesetzes:
§ 6 Nacht- und Schichtarbeit
(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.
(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.
(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.
(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn
- a) nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
- b) im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
- c) der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.
(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.
(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.
Bei Nachtarbeit also immer Nachtarbeiterzuschlag?
Der Arbeitgeber hat also die Nachtarbeit des Arbeitnehmer in entweder in Freitzeitausgleich oder durch Zuschläge zu vergüten (sofern keine ausdrückliche Regelung in einen anwendbaren Tarifvertrag existiert). Allerdings besteht kein Anspruch von vornherein des Arbeitnehmers auf gesonderte Vergütung. Vielmehr hat der Arbeitgeber die Wahl ob er gesondert vergütet, oder einen Ausgleich in Freizeit gewährt. Dies entscheidet der Arbeitgeber. Ein Betriebsrat bekommt die Nachtzuschläge in der Regel als „normalen“ Lohnbestandteil auch wenn er nicht mehr Nachtschicht arbeitet.
Höhe der Nachtarbeitsvergütung?
Der Gesetzgeber hat in der obigen gesetzlichen Regelung bewusst darauf verzichtet, festzulegen in welcher Höhe der Nachtarbeitszuschlag / die Nachtarbeitsvergütung anfällt. Dies soll entsprechend der Leistungsfähigkeit der einzelnen Branchen ausgehandelt / festgelegt werden.
Was ist Nachtarbeit?
Nachtarbeit ist dabei die Arbeitszeit, die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr liegt.
Rechtsprechung zur Vergütung der Nachtarbeit?
Das Bundesarbeitsgericht ( Urteil vom 1.2.2006, 5 AZR 422/04 / Urteil vom 27. Mai 2003 – 9 AZR 180/02) hat diesbezüglich bereits entschieden, dass sofern es keine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Arbeitsvertrag über die Höhe des Nachtzuschlags existiert (auch hier gab es keinen einschlägigen Tarifvertrages) ein Zuschlag von 25 % angemessen ist.
Dies wäre beim Lohn 25 % mehr oder bei Freizeitausgleich für jede geleistete Nachtarbeitsstunde (25%) also 15 Minuten Freizeitausgleich.
Allerdings gibt es auch hier keine fest Grenze, so hat das BAG (Urteil vom 31.8.2005, 5 AZR 545/04) einem Rettungsassistenten nur einen Nachtzuschlag von 10 % zugesprochen.
RA A. Martin
Was ist eine Urlaubsbescheinigung?
Der Begriff Urlaubsbescheinigung ist vielen Arbeitnehmer bekannt, wenn auch in der Praxis kaum Urlaubsbescheinigungen durch Arbeitgeber ausgestellt werden.
Was ist eine Urlaubsbescheinigung?
Eine Urlaubsbescheinigung ist eine schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers über dem im Kalenderjahr bereits erhaltenen Urlaub.
Weshalb ist eine Urlaubsbescheinigung notwendig?
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Arbeitnehmer, der während des laufenden Kalenderjahres seine Arbeitsstelle wechselt und Urlaub beim neuen Arbeitgeber haben möchte, auf Verlangen, nachzuweisen hat, dass er beim „alten“ Arbeitgeber keinen oder nur teilweisen Urlaub erhalten hat. Damit sollen Doppelansprüche auf Urlaub ausgeschlossen werden. Der Arbeitnehmer soll nicht 2 x Urlaub im gleichen Kalenderjahr bekommen.
Beispiel: Der Arbeitnehmer B arbeitet seit dem 1.1.2014 beim Arbeitgeber A. Er scheidet dort am 31.07.2014 aus. Er hat für das volle Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen (hier 5-Tage-Woche). Da er in der zweiten Jahreshälfte nach erfüllter Wartezeit ausscheidet, hat der B einen Anspruch auf 20 Arbeitstagen an Urlaub gegen den A. Dieser gewährt den Urlaub beim Ausscheiden. Ab dem 1.8.2014 fängt er beim Arbeitgeber C an. Dort beantragt er Urlaub (Teilurlaub) für 5 (volle) Monate. Für 5 Monate bei 20 Arbeitstagen Urlaub im Jahr, hätte der B rund 8 Tage an Erholungsurlaub. Würde der Arbeitgeber C dem B nun noch 8 Tage an Urlaub gewähren, hätte der Arbeitnehmer B insgesamt 28 Tage an Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2014 erhalten. Dem C kommt also zu Gute, dass der B schon vollen Urlaub für das Jahr 2014 beim vorherigen Arbeitgeber erhalten hatte.
Den Nachweis über die Höhe des bereits erhaltenen Urlaubs kann durch eine sog. Urlaubsbescheinigung erbracht werden.
Wo ist dies gesetzliche geregelt?
Die Austellung der Urlaubsbescheinigung ist gesetzliche im Bundesurlaubsgesetz geregelt. Der Arbeitgeber muss diese ausstellen:
§ 6 Ausschluß von Doppelansprüchen (1) Der Anspruch auf Urlaub besteht nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. (2) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.
Muss der Arbeitnehmer die Ausstellung der Urlaubsbescheinigung beim Arbeitgeber beantragen?
Danach ergibt sich ein Anspruch des Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnis auf eine solche Bescheinigung und zwar ohne Antrag des Arbeitnehmers.
Wie kann die Urlaubsbescheinigung zum Beispiel aussehen?
„Herr ……. war bei uns im Zeitraum vom …… bis …… beschäftigt. Es wurde eine 5-Tage-Woche / 6- Tage-Woche vereinbart. Das Arbeitsverhältnis endete am …….. . Laut Arbeitsvertrag (Tarifvertrag) besteht ein Anspruch von …….. Arbeitstagen / Werktagen pro Kalenderjahr.
Für das Kalenderjahr ……. hat Herr ……… insgesamt Urlaub in Höhe von ……… Arbeitstagen/ Werktagen gewährt bekommen. Eine Urlaubsabgeltung erfolgte für das vorstehende Kalenderjahr nicht. Zusatzurlaub wurde nicht gewährt.
………………………. ………………………..
Ort, Datum Unterschrift
BAG: Urlaubsanspruch bei Wechsel des Arbeitgebers im laufenden Kalenderjahr – Ausschluss von Doppelansprüchen
Ein Arbeitnehmer, der ab April 2010 bei einen neuen Arbeitgeber in der Lebensmittelbranche tätig war, beantragte -nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses – die Abgeltung seines nicht genommenen Urlaubs. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und meinte, dass der Arbeitnehmer nicht vorgetragen und nachgewiesen hätte, ob und wenn ja, wieviel Urlaub er bereits vom vorherigen Arbeitgeber erhalten hat. Eine sog. Urlaubsbescheinigung legte er nicht vor.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 16. Dezember 2014 – 9 AZR 295/13) hat entschieden, dass der Arbeitnehmer, der im laufenden Kalenderjahr den Arbeitgeber wechselt und Urlaub vom neuen Arbeiteber haben möchte, vortragen und ggfs. nachweisen muss, dass er vom alten Arbeitgeber keinen (oder nur teilweisen) Urlaub erhalten hat.
Das Bundesarbeitsgericht führt in seiner Pressemitteilung vom 16.12.1014 aus:
Gemäß § 6 Abs. 1 BUrlG besteht der Anspruch auf Urlaub nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Wechselt ein Arbeitnehmer im Kalenderjahr in ein neues Arbeitsverhältnis und beantragt er Urlaub, muss er deshalb mitteilen, dass sein früherer Arbeitgeber seinen Urlaubsanspruch für das laufende Kalenderjahr noch nicht (vollständig oder teilweise) erfüllt hat. Der Arbeitnehmer kann diese Voraussetzung für seinen Urlaubsanspruch im neuen Arbeitsverhältnis grundsätzlich durch die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung seines früheren Arbeitgebers nachweisen. Dieser ist nach § 6 Abs. 2 BUrlG verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch – bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnisses – dass er vom Arbeitgeber eine Bescheinigung über bereits erhaltenen Urlaub erhält. Diese sog. Urlaubsbescheinigung dient dazu, dass Doppelansprüche in Bezug auf die Gewährung / Abgeltung von Urlaub ausgeschlossen werden. Der Arbeitnehmer muss sicht nämlich den bereits vom vorherigen Arbeitgeber erhaltenen Urlaub auf Urlaubsansprüche im neuen Arbeitsverhältnis anrechnen lassen.
Nach der obigen Entscheidung des BAG wird man den Arbeitnehmer dazu raten müssen, nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis sich vom Arbeitgeber eine sog. Urlaubsbescheinigung ausstellen zu lassen. Dies wurde bisher in der Praxis kaum gemacht. Die Bedeutung der Urlaubsbescheinigung in der Praxis wird durch das obige Urteil erheblich aufgewertet, wobei abzuwarten bleibt, ob sich Arbeitgeber in der Zukunft tatsächlich auf die Vorlage von Urlaubsbescheinigungen bestehen werden.
RA A. Martin