Darf die Probezeit im Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate sein?
Wie lange dauert die Probezeit?
Eine Probezeit ist ein begrenzter Zeitraum zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses, während dessen für beide Parteien erleichterte Kündigungsmöglichkeiten bestehen. Üblich ist, dass während des regulären Arbeitsverhältnisses eine Probezeit für eine bestimmte Dauer vereinbart wird. Die Dauer der Probezeit kann grundsätzlich individuell vereinbart werden, es sei denn in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ist eine bestimmte Dauer vorgesehen.
Dauer: In der Regel beträgt die Probezeit 6 Monate.
Unproblematisch kann aber auch eine kürze Dauer, wie zum Beispiel 3 Monate an Probezeit vereinbart werden.
Probezeit über 6 Monate möglich?
Viele Arbeitnehmer meinen, dass eine Probezeit von 6 Monaten die absolute Grenze einer solchen Vereinbarung ist. Eine längere Probezeit darf von daher nicht vereinbart werden. Dies ist so nicht richtig.
längere Probezeit als 6 Monate in Ausnahmefällen zulässig
Eine längere Probezeit als 6 Monate ist grundsätzlich zulässig, wenn ersichtlich ist, dass der Arbeitgeber ein Interesse an einer solchen langen Probezeit haben kann, da z.B. eine Erprobung des Arbeitnehmers innerhalb von 6 Monaten nicht möglich ist.
Denkbar sind in folgenden Fällen (keine abschließende Aufzählung) verlängerte Probezeiten (siehe auch Rechtsanwalt Dr. Gerhard Wilhelm, Stuttgart, in NZA 2001, 818):
- künstlerische und erzieherische Tätigkeiten
- Tätigkeiten im wissentschaftlichen Bereich
- wenn sich aus den Umständen der Tätigkeit eine lange Einarbeitungszeit ergibt
Entscheidungen zur Dauer der Probezeit über 6 Monate:
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, NJW 1985, 2158) hat sogar eine Probezeit von 18 Monaten (also 3 x länger als die „normale Probezeit“) eines Orchestermusikers als zulässig angesehen. Zu beachten ist, dass dies sicherlich nicht der Normalfall, sondern ein Ausnahmefall ist.
Konsequenzen einer Verlängerung?
Die Konsequenzen einer solchen Verlängerung sind problematisch.
Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
Es findet – trotz der Verlängerung der Probezeit – das Kündigungsschutzgesetz bereits nach 6 Monaten auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, sofern dessen personelle Voraussetzungen vorliegen (mehr als 10 AN). Dies hängt damit zusammen, dass das Kündigungsschutzgesetz an eigene Voraussetzungen knüpft und eine eigene Wartezeit hat, die nicht zu Lasten des Arbeitnehmers geändert werden dürfen.
Anwendbarkeit der gesetzlichen Kündigungsfristen
Weiter wird auch überwiegend die Auffassung vertreten, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen – trotz der Verlängerung der Probezeit – bei einer Probezeitkündigung Anwendung finden und von daher der Arbeitgeber nicht mit der 2-Wochenfrist das Arbeitsverhältnis beenden kann, sondern – z.B. im Fall der 18-monatigen Probezeit mit einer Frist von 4 Wochen gekündigt werden muss.
Die Kündigung in der Probezeit ist von daher nur mit „normaler Frist“ zulässig.
Sinn und Zweck der verlängerten Probezeit?
Mit Recht fragt sich nun der Leser, welchen Sinn hat denn eine mögliche Verlängerung der Probezeit, wenn der Arbeitgeber daraus keine Vorteile ziehen kann, wie z.B. bei Kündigungen innerhalb der „normalen Probezeit“ bis zu 6 Monaten?
Das Bundesarbeitsgericht und ein Teil der juristischen Literatur steht auf dem Standpunkt, dass gerade im Hinblick auf das Kündigungsschutzgesetz die Anforderungen an die Kündigungsvoraussetzungen geringer zu stellen sind, da man sich ja gerade testen wolle (Erbrobungszweck soll berücksichtigt werden). In der Regel ist von daher bei einer längeren Probezeit die ordentliche Kündigung – lapidar gesagt – auch etwas „leichter“ für den Arbeitgeber durchzusetzen, da ja faktisch eine „Testzeit“ zwischen den Parteien vereinbart wurde. Dies ist aber immer noch stark umstritten. Das BAG tendiert in Richtung „erleichterte Kündigungsmöglichkeit“, während andere dies grundsätzlich ablehnen.
nachträgliche Verlängerung der Probezeit
Die nachträgliche Verlängerung der Probezeit ist zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zulässig.
Zusammenfassung:
In wenigen Ausnahmefällen kann eine längere als 6 – monatige Probezeit vereinbart werden. Dies bringt dem Arbeitgeber aber wenig, denn die Vereinbarung einer Probezeit ist letztendlich nur die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist. Selbst wenn diese auch nach 6 Monaten noch 2 Wochen betragen würde, so besteht mit Ausnahme des Kleinbetriebs doch schon Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz bereits nach 6 Monaten. Der Arbeitnehmer würde dann – trotz der verlängerten Probezeit – schon Kündigungsschutz genießen!
22. Dezember 2011 um 01:04
[…] Darf die Probezeit länger als 6 Monate sein? […]
17. Oktober 2013 um 12:45
Hallo,
für den Arbeitgeber ist die vereinfachte Kündigung nach Ablauf von 6 Monaten nicht möglich, wie sieht es hier aus Sicht des Arbeitnehmers aus?
Darf er nach 6 Monaten bei einer längeren Probezeit außerordentlich kündigen?
Mit freundlichen Grüßen
Maurice H.
13. Juli 2018 um 18:16
Für ein Arbeitsverhältnis I wird eine sechsmonatige Probezeit vereinbart. Vier Monate nach Beginn dieses Arbeitsverhältnisses I soll ein neuer Arbeitsvertrag II geschlossen werden, der einige vertragliche Details neu regelt (Aufgabenbereiche, Umfang der Tätigkeit), ansonsten aber das Arbeitsverhältnis I anknüpft. Gilt im Verlauf von Arbeitsverhältnis II erneut eine Wartezeit von sechs Monaten für die Wartezeit mit verkürztem Kündigungsrecht oder werden die bereits „abgeleisteten“ vier Monate angerechnet?
15. Juli 2018 um 09:21
Bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem gleichen Arbeitgeber wirkt die Wartezeit des „alten Vertrages“ (4 Monate) fort und wird mit der Wartezeit des neuen Vertrages zusammengerechnet.
25. März 2019 um 15:58
Guten Tag,
ich habe vor kurzem meinen Arbeitsvertrag zum 01.04. unterschrieben, dieser ist unbefristet.
Fange in einem Restaurant an.
Mich hatte die Probezeit bei der Unterzeichnung sehr gewundert, eine Dauer von 10 Monaten hatte ich bisher noch nie.
Habe jetzt gelesen nur in Ausnahmefällen.
Mfg Reitzel
31. März 2019 um 08:38
Dies scheint doch sehr lang. Allerdings hat die Probezeit nur eine Auswirkung auf die Kündigungsfrist (2-Wochen). Falls dort regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit abzüglich der Auszubildenden arbeiten, findet bereits nach der Ablauf der 6 Monate das Kündigungsschutzgesetz Anwendung.