Rechtsschutz und Deckungszusage bei einer Straftat(Verdachtskündigung)?
Rechtsschutz und Deckungszusage bei einer Verdachtskündigung (Straftat)?
Eine Rechtsschutzversicherung im Arbeitsrecht zu haben und Rechtsschutz (Deckungszusage) zu bekommen, sind manchmal zweierlei Sachen. Zum einen muss ein Versicherungsfall vorliegen und zum anderen muss dieser auch nach der Wartezeit eingetreten sein. Auch ist zu beachten, dass es nur in wenigen Fällen zu einer Deckungszusage (im Kündigungsrechtsstreit) ohne Kündigung kommt (so z.B. bei der verhaltensbedingten Kündigung). Ein besonderes Problem stellen die Fälle dar, bei denen der Arbeitnehmer eine sog. Verdachtskündigung oder „normale Kündigung“ wegen der Begehung einer Straftat vom Arbeitgeber erhält.
Straftat und Rechtsschutz im Arbeitsrecht – wie passt dies zusammen?
Der Versicherungsschutz (nicht nur im Arbeitsrecht) enthält einen Ausschluss für die Fälle, bei denen der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt hat. Begeht der Arbeitnehmer also einen Diebstahl und erhält er daraufhin eine verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber, dann besteht kein Rechtsschutz. Die Versagung des Rechtschutzes knüpft hier nicht an fehlende Erfolgsaussichten an, sondern an eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers.
Die Praxis besteht aus Zweifelsfällen!
Nun ist es aber in der Praxis so, dass meist „Aussage gegen Aussage“ steht. Der Arbeitgeber behauptet den Diebstahl und der Arbeitnehmer bestreitet diesen. Der der Arbeitgeber den Diebstahl oder eine anderer vorsätzliche Vertragsverletzung meist nicht sofort und sicher nachweisen kann, spricht er eine sog. Verdachtskündigung aus. Die Frage stellt sich, was nun mit dem Rechtsschutz ist?
Folgende Fälle kann man unterscheiden:
1. die Straftat steht fest
Steht die Straftat fest, ist also sicher, dass der Arbeitnehmer – um bei unserem obigen Beispiel zu bleiben – den Diebstahl begangen hat, da z.B. der Arbeitnehmer die Straftat zugegeben hat, dann besteht kein Rechtsschutz. Der Arbeitnehmer wird erfolglos bleiben, wenn er sich an seine Rechtsschutzversicherung wendet und vorträgt, dass er den Diebstahl begangen hat, aber meint, dass dieser – z.B. im Fall „Emmely“ analog nicht für die Kündigung ausreichend ist, da er z.B. seit Jahren dort beschäftigt ist und es sich nur um einen „Bagatelldiebstahl“ handelt.
2. die Straftat ist deutlich erkennbar begründet
Hat der Arbeitnehmer die Straftat – den Diebstahl – nicht zugegeben, ist aber die Straftat deutlich erkennbar begründet, da der Arbeitgeber den Vorwurf genau vorgetragen und die Straftat anhand ausreichender Indizien nahe liegt, dann kann die Rechtsschutzversicherung die Deckungszusage verweigern.
In der Praxis wird aber – wenn der Arbeitnehmer das Gegenteil behauptet und das Ergebnis von einer Beweisabnahme abhängt – die Rechtsschutzversicherung in der Regel den Deckungsschutz für den Kündigungsrechtsstreit erteilen.
3. die Straftat ist deutlich erkennbar unbegründet
Wenn der Vorwurf erkennbar unbegründet ist, da nur eine pauschale Behauptung durch den Arbeitgeber vorliegt (z.B. jemand hat Geld aus der Kasse genommen und es kommen mehrere Personen in Betracht), dann muss der Deckungsschutz für die Kündigungsschutzklage erteilt werden.
4. die Deckungszusage wurde nicht erteilt, später stellt sich der Vorwurf als unbegründet heraus
Wurde die Deckungszusage nicht erteilt, da die Rechtsschutzversicherung den Vorwurf für begründet hielt und stellt sich im Laufe des Kündigungsschutzprozesses heraus, dass der Vorwurf nicht zutreffend ist, dann besteht rückwirkend Versicherungsschutz.
4. die Deckungszusage wurde erteilt, später stellt sich der Vorwurf als begründet heraus
Stellt sich – nach der Erteilung des Rechtsschutzes heraus – dass die Vorwürfe doch stimmen und der Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat, dann entfällt der Versicherungsschutz rückwirkend. Die Versicherung kann vom Versicherungsnehmer bereits gezahlt Gebühren zurückverlangen bzw. wird keine Regulierung der Anwaltsgebühren mehr vornehmen. Anwälte „lösen“ dieses Problem mit der Forderung eines Vorschusses bei der Rechtsschutzversicherung, den die Versicherung später beim Anwalt nicht mehr zurückfordern kann, sondern nur noch beim Versicherungsnehmer. Häufig werden diese Vorschüsse noch nicht einmal beim Versicherungsnehmer eingefordert.
26. Februar 2011 um 08:20
[…] Arbeitnehmer wird eine Straftat vorgeworfen (z.B. verhaltensbedingte Kündigung wegen Diebstahls/ hier kann aber trotzdem Rechtsschutz gewährt […]
26. April 2011 um 07:42
[…] Rechtsschutz und Verdachtskündigung […]
6. März 2012 um 17:20
[…] dem Arbeitnehmer wird eine Straftat vorgeworfen […]
18. Oktober 2012 um 09:10
[…] Ein weiteres Problem ist das, dass der Arbeitnehmer, der eine Rechtsschutzversicherung hat, verpflichtet ist dieser den Sachverhalt, also den Rechtsschutzfall, wahrheitsgemäß und vollständig anzuzeigen. hat der Arbeitnehmer selbst die Kündigung durch ein vorsätzliches Verhalten, insbesondere durch eine Straftat, herbeigeführt, dann entfällt in der Regel der Versicherungsschutz. Die Rechtschutzversicherung wird in der Regel, der Arbeitnehmer in den meisten Fällen gegenüber Rechtschutzversicherung angibt, dass keine Straftat, also keinen Arbeitszeitbetrug begangen hat, die Deckungszusage für das Kündigungsschutzverfahren erteilen mit dem Hinweis, dass für den Fall, dass sich herausstellt, dass eine vorsätzliche Straftat vorliegt, der Rechtsschutz rückwirkend entfällt. Siehe hier den Artikel “Rechtschutz und Deckungszusage bei einer Straftat“. […]
26. Juli 2017 um 14:37
Mich interessiert die Lage, wenn zwar ein rechtswidriges Verhalten eingeräumt wird (z. B. Diebstahl), zugleich aber die außerordentliche Kündigung wegen Formalfehlern nicht berechtigt ist. Muss die RS-Versicherung dann bezahlen? Gegen die „Behelfsweise ordentliche Kündigung“ wird nicht geklagt.
28. Juli 2017 um 17:21
Meiner Ansicht nach – bin mir aber nicht sicher -kommt es nicht darauf an, ob Erfolgsaussichten bestehen oder nicht, sondern nur, ob der Versicherugnsnehmer den Schadenfall (Kündigung) vorsätzlich herbeigeführt hat. Dies ist hier der Fall;also dürfte es problematisch mit dem Rechtschutz sein. Klagen sollte man aber trotzdem, wenn klar ist, dass die Kündigung formal unwirksam ist. Lassen Sie sich aber vom Anwalt beraten, da viele Arbeitnehmer die Erfolgsaussichten in ihrem eigenen Fall falsch einschätzen.